Acht Perlen aus dem ARD-Archiv

In der Media­thek von WDR, RBB, SWR, SR, NDR und BR gibt es die «Retro»-Beiträge, die den da­mali­gen Zeitgeist, die Be­geiste­rung über den Fort­schritt und das Unver­ständ­nis über neue kulturelle Strö­mungen ein­drück­lich vermit­teln.

Ich bin ein Fan von digitalen Archiven jeder Art, egal, ob darin nun Fotos zu finden sind oder Bücher. Ich finde es toll, dass SRF alte Beiträge und Sendungen auf Youtube veröffentlicht (Schweizweite Zeitreisen).

Computerraum in den 1960er-Jahren.

Ich stöbere auch gerne in der ARD-Mediathek, wo es seit einiger Zeit auch die sogenannten Retro-Inhalte gibt. Und wenn ich meine Laudatio mit der Kritik anfangen darf: Die Erschliessung der Inhalte ist schlecht.

Das fängt damit an, dass die Inhalte nach Sendeanstalt gegliedert ist. Es gibt Einstiegsseite für die Archive der einzelnen Sender, nämlich WDR Retro, RBB Retro, SWR Retro, SR Retro, NDR Retro, MDR Retro und BR Retro.

Eine übergeordnete Seite habe ich nicht erst durch Zufall, als ich mit diesem Beitrag hier fast fertig war, gefunden. Es gibt sie unter ardmediathek.de/retro, und sie ist eine gute Einstiegshilfe. Bleibt nur die Frage, warum man sie via Google und nicht über die Mediathek-eigene Suche findet. Generell fällt mir die Orientierung in der ARD-Mediathek schwer: Mir ist nie klar, nach welchen Kriterien die Beiträge und Sendungen vorgeschlagen und sortiert werden – da gäbe es noch sehr grosses Verbesserungspotenzial.

Und leider kann ich die Videos offenbar auch nicht einbetten. Hier gibt es ellenlange AGBs, unter welchen Umständen das möglich ist – aber leider bin ich bei keinem Video via Teilen-Knopf auf einen Einbettungscode gestossen. Das scheint überhaupt nur via Presseservice möglich zu sein, aber das ist ein geschützter Bereich, zu dem ein popeliger Blogger wie ich keinen Zugang hat.

In den Sechziger Jahren stecken geblieben

Das schmälert den Nutzen ganz gewaltig, denn natürlich würde ich die erwähnten Beiträge hier am liebsten direkt bereitstellen – so funktioniert schliesslich das Web. Aber was das Verständnis dafür angeht, scheint die ARD noch ungefähr in der Zeit stecken geblieben zu sein, aus der die Beiträge stammen, die ich gleich erwähnen werde.

Also, jetzt aber zu den Tipps:

Grossartig finde ich jegliche Beiträge, die sich mit alter Technik beschäftigen, natürlich vor allem aus dem digitalen Bereich. Zum Beispiel:

Erfindermesse mit kuriosem Roboter

Logo für Hier und Heute mit Wimpel
In Wuppertal gab es eine Ausstellung mit einem Schweizer Roboter.

Eine für Erfinder, an der eine besondere Schweizer Errungenschaft zu sehen ist, nämlich ein Roboter namens Sabor.

EDV für BfA-Rentenbescheide

Abendschau-Studio
Was dieses Elektronenhirn alles kann!

Seit 1956 verwendet die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Altersrenten Computer, um die Bescheide zu berechnen und auszudrucken. Der Computer als magisches Wunderwerkzeug, das alle in Staunen versetzt.

EDV an der Universität des Saarlandes

Bild zur Sendung SR Retro - Abendschau
Der Computer, der Lateinisch spricht.

Die Sprachwissenschaftler an der Universität des Saarlandes haben einen Computer bekommen, der aus dem Latein ins Deutsche übersetzt und Wörter grammatikalisch bestimmen kann.

Schreiben, Buchen, Telefonieren – alles automatisch

Hier und Heute
Alle vorgestellten Geräte mit Preisangabe!

Rationalisierung im Büro sei das oberste Gebot. Das moderne Büro müsse funktionstüchtig, arbeitsgerecht und kräftesparend sein – das die Behauptungen im Beitrag, der die Neuerungen an der westdeutschen Bürofachausstellung in Köln von 1961 vorstellt.

Es gibt auch diverse Beiträge aus dem Bereich der Kultur, aus denen aus heutiger Sicht das nackte Unverständnis darüber spricht, was die Jugend von heute so treibt und was an Trends aus den USA zu uns herüberschwappt. Einige Beispiele dazu, wobei das erste ein Paradebeispiel in Sachen Überheblichkeit der «ernsthaften» Kultur darstellt.

Science-Fiction-Literatur: Hochkultur oder Schund?

Hier und Heute
So viel Überheblichkeit würde man sich heute kaum mehr getrauen.

Wenn der Bildungsbürger in die Abgründe der Unterhaltungsliteratur hinabsteigt – ein Reporter hat sich an eine Convention von Science-Fiction-Fans in Duisburg getraut und lässt sich nun über deren Geschmack und deren Fanzines aus.

Discjockeys in Nordrhein-Westfalen

Hier und Heute
Discjockeys in NRW.

Wer denkt, dass Djs coole Typen sind, kann sich hier eines Besseren belehren lassen. 1965 kamen sie noch überaus bieder daher – und sie waren eigentlich eine Sparmassnahme, die es den Betreibern der Lokale erspart haben, eine ganze Band engagieren zu müssen.

Geburtstag der Plattenfirma Electrola

Hier und Heute
Der Sänger und Pianist Paul Kuhn durfte sich die Plattenfirma ansehen.

Die Plattenfirma Electrola in Köln-Braunsfeld hat Millionen von Tonträgern gepresst. Hier sieht man, wie das damals ging. Verblüffend auch: Es gab damals Leute, die nichts anderes zu tun hatten, als den ganzen Tag Platten auf Fehler hin anzuhören.

Und zum Schluss, weil es so schön ist, eine ausführliche Dokumentation über den Wahlkampf von 1965 – der keinen Zweifel daran lässt, wie viel sich gesellschaftlich, aber auch politisch in den letzten gut fünfzig Jahren verändert hat.

Wahlkampf

SWR Retro
Zeichen der Zeit.

Ein schöner Dokumentarfilm von der Bundestagswahl 1965 mit vielen rauchenden Männern, Schriftsteller wie Grass, die sich für die SPD ins Zeug legen und Frauen, die die Wahl entscheiden.

 

2 Kommentare zu «Acht Perlen aus dem ARD-Archiv»

  1. Ein Klassiker ist „Richtung 2000“ von 1972: https://www.youtube.com/watch?v=kaGnBNhE2xI

    Spannend, wie man sich vor nicht allzu langer Zeit das Leben im Jahr 2000 vorgestellt hat: Internet gibt es nicht, aber die Zeitung wird direkt am Frühstückstisch gedruckt. Und Online Shopping funktioniert, indem eine Kamera über das Regal im Supermarkt fährt und man einen Knopf drückt, wenn man das Produkt im Bild will. 😃

    Geht man weiter zurück, so um 1900, war für die Autoren das Internet unvorstellbar, aber fliegende Autos sollte jeder haben.

    Wobei sich wohl auch bei uns im Jahr 2000 niemand vorgestellt hat, dass zehn Jahre später alle Jugendlichen an der Bushaltestelle ins Smartphone schauen.

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