Okay, Patreon ist gestorben

Würdet ihr mich auf Patreon unterstützen, habe ich neulich gefragt. Ein paar Leserinnen und Leser würden es tun – aber trotzdem zeigt sich für mich, dass dieses Modell nicht das Richtige für ein Blog wie meines ist.

Wie viel würdet ihr für mein Blog zahlen? habe ich neulich gefragt. Wie in dem Blogpost ausgeführt, geht es mir darum, die Spendenbereitschaft bei meinem Publikum auszuloten. Ich bin zum Glück nicht in der Situation, dass ich mir unmittelbar eine neue Einnahmequelle erschliessen müsste.

Aber mich hat interessiert, ob das neue Schweizer Medienförderungsgesetz auch für uns Blogger eine Chance sein könnte. Das sieht nämlich Unterstützung für Online-Medien vor, die zumindest teilweise von ihren Leserinnen und Lesern finanziert werden; und zwar nicht nur durch Abos, sondern auch durch Spenden.

Ich habe im Beitrag eine Umfrage gestartet, die ihr auch gerne weiterhin ausfüllen dürft – ich bin nach wie vor an den Resultaten interessiert¹.

Hier gibt es nun eine erste Auswertung: Nach fünf Tagen Laufzeit haben 23 Leute die Umfrage ausgefüllt. Das ergibt eine nicht gerade grossartige, aber akzeptable Rücklaufquote und natürlich spürt das Blog hier auch die Sommerflaute. Umso mehr freue ich mich um jede Antwort!

Ein echter Aufsteller!

Also, zu den Resultaten:

Nach dieser Umfrage würden elf der 23 Leute bezahlen, was einer grossartigen Quote von 47,8 Prozent entspricht. Das war ein echter Aufsteller, denn ich habe mit einem viel kleineren Prozentsatz gerechnet.

Vier Leute würden einen symbolischen Beitrag von 20 Rappen zahlen, drei Leute einen Zweifränkler und drei Leute fünf Franken. Ergibt eine Summe von 21.80 Franken pro Monat.

Es hätte schlimmer kommen können.

Dieses Resultat rechtfertigt den sofortigen Gang zu Patreon nicht. Aber es gibt ein Potenzial, denn acht von den zwölf zahlungsunwilligen Leuten könnten sich vorstellen, ihre Meinung zu ändern.

Fünf Leute finden, ich müsste zu diesem Zweck meine Blogaktivitäten ausweiten. Vier hätten Video oder Audio produzieren und je einer findet, ich müsste ein bestimmtes Thema häufiger aufgreifen bzw. einen anderen Dienst als Patreon wählen.

Ein klarer Leistungsauftrag

Das ist einleuchtend, denn an ein Medium, für das man bezahlt, hat man einen gewissen Leistungsauftrag, der klar fassbar sein müsste, als das bisher der Fall ist. Meine Themenauswahl ist zu heterogen für ein kleines Blog, das einen umso klareren Fokus haben müsste. Dazu müsste ich mir ansehen, welches die beliebtesten Themen hier im Blog sind und die forcieren – und die Themen, die mein Publikum nicht so ansprechen, bleiben lassen oder in ein anderes Blog auslagern. Das wäre alles, was in der Nerdkultur-Rubrik stattfindet – das steht quer in der Landschaft.

Aber es bleibt dabei, dass ich dazu keinerlei Lust verspüre. Der Weg von der Fokussierung zur Boulevardisierung ist leider kurz. Denn wenn man sich entscheidet, nicht mehr nach dem Lustprinzip zu bloggen, dann will man auch eine ausreichende Rendite haben. Und ein solcher Leistungsdruck scheint medial gesehen ständig dazuzuführen, dass man seine Themen überverkauft, Clickbaiting betreibt und versucht, via soziale Medien für Furore zu sorgen.

Trinkgelder, keine Spenden

Ich ziehe keine neuen Einsichten aus der Umfrage, sondern fühle mich bestätigt in meiner Vermutung, dass für ein Blog wie meines ein Spendenmodell nicht der richtige Weg ist. Das geht auch aus den Bemerkungen hervor:

Ich würde dir ein Trinkgeld geben (mehr als 20 Rappen 😀) bei einzelnen Artikeln, die ich besonders interessant/hilfreich finde. Aber wenn’s pauschal was kosten würde, würdest du mich als Leser leider verlieren.

Ein anderer schreibt:

Ich halte nichts von Abo-Modellen. Google oder Microsoft sollte mal eine browserbasierte Micropaymentlösung erfinden.

Ich glaube auch, dass die grösste Chance für ein Blog wie meines darin besteht, dass Leute, die unmittelbaren Nutzen aus einem einzelnen Artikel gezogen haben, dafür gerne ein Dankeschön entrichten würden.

Das wäre für mich zwar viel weniger berechenbar als eine wiederkehrende Unterstützung wie Patreon, damit aber auch weniger Verpflichtung, bestimmte Erwartungen und Wünsche befriedigen zu müssen. Denn das Trinkgeld ist reine Belohnung, der Patreon-Beitrag hingegen eine Verpflichtung.

Wird das Flattr-Prinzip wiederbelebt?

Umso bedauerlicher, dass Flattr gescheitert ist – denn die Idee hinter Flattr war genau das Trinkgeldmodell. Aber sie kam zu einer Zeit, als die Zahlungswilligkeit noch sehr viel kleiner war als heute.

Interessant schliesslich auch dieser Vorschlag:

Könntest Du dich mit anderen Bloggern, so als Kollektiv zusammen tun?

Eine spannende Idee, die ich aber für sehr schwierig umsetzbar halte – die Verteilkämpfe scheinen mir vorprogrammiert. Die Erkenntnis ist, dass sowohl Patreon als auch das Medienförderungsgesetz nicht der Weisheit letzter Schluss sind.

Fussnoten

1) Es sind inzwischen weitere Resultate eingetroffen, die ich hier nachtrage und das sporadisch auch weiterhin tun werde. Und das sind die weiteren Meldungen:

03.08.2021: 2 Franken
03.08.2021: 5 Franken – Patreon ist eine gute Sache!
03.08.2021: Einen symbolischen Beitrag von 20 Rappen
10.08.2021: Nichts, aber ich nehme dich in mein Testament auf

Ich weiss nicht, wer mich ins Testament aufnimmt. Aber je nachdem könnte sich das wirklich lohnen…

Beitragsbild: Hier landen alle meine Ideen zur Erlangung von Reichtum mittels Blogging (Steve Johnson, Pexels-Lizenz).

4 Kommentare zu «Okay, Patreon ist gestorben»

  1. Sehr interessantes Thema, ich habe auch an der Umfrage mitgemacht.
    Du schreibst: ‚Dazu müsste ich mir ansehen, welches die beliebtesten Themen hier im Blog sind und die forcieren – und die Themen, die mein Publikum nicht so ansprechen, bleiben lassen oder in ein anderes Blog auslagern.‘
    Das stimmt so nicht ganz. Du müsstest die Themen, welche das zahlende Publikum anspricht, forcieren. Ist möglicherweise (und in meinem Fall sehr wahrscheinlich) nicht das gleiche.

  2. Es wäre ganz fatal in meinen Augen die grundlegende Meinungsbildung diesem „Markt“ zu überlassen, denn wir erleben es ja gerade was passiert, wenn sich eine kommerzielle Medienlogik hauptsächlich nach den ökonomischen Anreizen hinter der Produktion und Verbreitung von verzerrten Geschichten, loser Gerüchte, Fake News, Persönlichkeitsverletzungen, Verunglimpfungen ausrichtet. Eine Gesellschaft muss bereit sein für journalistische Ideale, für Aufklärungsfunktion überhaupt das Wahrnehmen von gesellschaftlicher Verantwortung zu zahlen – oder ganz grundlegend für Bildung. Der zunehmenden Ökonomisierung unserer Lebenswelt müssen endlich auch die Posten für die langfristigen Konsequenzen ihrer kurzsichtigen und ignoranten Denkweise gegenübergestellt werden.

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