Ein erster Blick auf Mac OS 12 alias Monterey

Die Beta der nächsten Mac-Betriebssystemversion im Augenschein: Die wichtigste neue Funktion, das «iCloud-Privat-Relay» hat in meinem Test zwar noch nicht funktioniert. Trotzdem: Das ist ein entscheidender Schritt für den Schutz der Privatsphäre.

Da in letzter Zeit fast nur Fussball im Fernsehen kam, musste ich mich anderweitig beschäftigen. Ich habe daher zwei der Betas installiert, die man bei Apple unter beta.apple.com erhält. Hier geht es um die erste von beiden, nämlich um Mac OS Monterey, alias Mac OS 12.

Eine erste Überraschung war die Versionsnummer. Ich hätte damit gerechnet, dass Apple nun während mindestens zehn Jahren bei der Versionsnummer 11 hinter dem Punkt hochzählt, so wie wir das bei Mac OS X erlebt haben. Aber nein, es geht nun deutlich zügiger vorwärts – auch wenn die Unterschiede zu Big Sur (Ein erster Blick auf Big Sur) überschaubar sind.

iCloud-Privat-Relay: «Nennt es nicht VPN!»

Aus meiner Sicht ist die wichtigste Neuerung das iCloud-Privat-Relay. Auf das war (und bin ich noch) sehr gespannt. Es ist eine Funktion, die zum Schutz der Privatsphäre beitragen soll, indem sie die IP-Adresse und somit auch den Aufenthaltsort des Mac-Nutzers verschleiert. Man ist nicht mehr exakt, sondern nur noch grob lokalisierbar.

Das erinnert an ein VPN, aber bei «Macworld» lese ich die Zurechtweisung, man dürfe es nicht VPN nennen. Und in der Tat funktioniert es etwas anders: Die Daten werden nicht einfach durch einen Tunnel geschleust, sodass sie scheinbar von einem anderen Computer im Netz stammen. Die Daten werden über zwei Zwischenstationen (Hops oder Relays) umgeleitet, was einen an den Tor-Browser (Mit dem Tablet ins Darknet) denken lässt.

Genau wie bei Tor findet eine zusätzliche Verschlüsselung statt, sodass auch der Internetprovider (ISP) die einzelnen HTTPS-Aufrufe nicht zu Gesicht bekommt und demnach auch nicht in der Vorratsdatenspeicherung protokollieren kann.

Auch die Überwachung läuft ins Leere

Kurzer Einschub dazu: Eigentlich sollte bei dieser Datenspeicherung nur festgehalten werden, welcher Internetnutzer wann welche IP-Adresse verwendet hat. Doch wie SRF im Beitrag Verfolgung auf Schritt und Tritt im digitalen Raum zum Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) beschrieben hat, müsse «unter Umständen auch gespeichert werden, welche Websites eine Person besucht» habe – sonst liesse sich das Gesetz nicht einhalten.

Mit dem iCloud-Privat-Relay ist diese Nachverfolgung nicht mehr möglich und darum ist denkbar, dass es die seit dem gescheiterten Referendum gegen das Büpf verstummte Debatte neu anheizen wird. Falls ja, wird mich interessieren, in welche Richtung die Diskussion gehen wird.

Es sind zwei gegenläufige Szenarien denkbar: Man könnte zum Schluss kommen, dass die neuen Schutzfunktionen derlei spezifische Protokolle obsolet machen und man sie darum auch bleiben lassen kann. Genauso ist denkbar, dass sich Politiker sich aus der Deckung trauen und verlangen, dass Apple den Nutzern in der Schweiz diese Funktion nicht zur Verfügung stellen dürfe.

Aber zurück zur Funktionsweise des iCloud-Privat-Relay:

Die verschlüsselten Web-Anfragen laufen zu den Servern von Apple, wo die DNS-Abfrage erfolgt. Da Apple diese Abfrage nicht selbst erledigt, sondern mittels, Zitat, vertrauenswürdiger Partner durchführt, werden der Ursprung einer Anfrage und das Ziel entkoppelt: Die vertrauenswürdigen Partner kennen die angepeilte Website, nicht aber die IP-Adresse des Nutzers. Da die angepeilte Adresse auch Apple gegenüber nicht offengelegt wird, kann auch Apple selbst keinen Surfverlauf aufzeichnen.

Bei Zielserver ist die IP-Adresse des Nutzers auch nicht sichtbar. Sie wird durch eine Adresse ersetzt, die sich grob in dessen Nähe befindet. Die Adresse wird offenbar relativ häufig gewechselt, wodurch eine Profilierung der Nutzer effektiv unterbunden wird.

Die Partner, die Apple für dieses Versteckspiel braucht, sind gemäss «Macworld» Internet-Backbone-Unternehmen, namentlich Akami, Cloudfare und Fastly.

Der grosse Nachteil des VPN ausgemerzt

Fazit: Das ist ein raffiniertes Verfahren, das die klassischen Nachteile eines VPN ausmerzt. Bei dem verschleiert man als Nutzer zwar seine Identität gegenüber der angesteuerten Websites, doch der Betreiber des VPN sieht lückenlos die ganzen Aktivitäten. Wenn es so funktioniert wie beschrieben, ist das bei Apple nicht der Fall – ganz abgesehen davon, dass Apples Anstrengungen in Sachen Datenschutz glaubwürdig sind, während es bei einem beliebigen VPN-Betreiber die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit schwierig eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit ist.

iCloud Privat Relay: Ein unscheinbarer Haken, der den Datensammlern das Leben massiv erschwert.

Was nun meinen Test angeht, waren die Erfahrungen ernüchternd. Bei mir hat iCloud-Privat-Relay gar nicht funktioniert, sondern den Internetverkehr in Safari und Firefox effektiv blockiert. Erst nach Abschalten der Option liess es sich überhaupt surfen. Aber klar: Es handelt sich bei Mac OS Monterey um eine Betaversion, wo solche Probleme zu erwarten sind.

Die Option für iCloud-Privat-Relay verwenden findet sich in den Systemeinstellungen bei Netzwerk, wo sie unterhalb des Netzwerknamens aufgeführt ist. Die Option gehört zu iCloud+: Das ist Apples Dienst mit allen iCloud-Funktionen, die man zur Verfügung hat, sobald man Apple einen monatlichen Obolus entrichtet, beispielsweise für zusätzlichen Speicherplatz.

Facetime über den Browser nutzen

Kurz zu den anderen Neuerungen in Mac OS Monterey:

Die Verbesserungen, die Apple hervorstreicht, beziehen sich zu einem schönen Teil auf Facetime. Die Videochat-Software beinhaltet nun Shareplay: Diese Funktion ist eindeutig ein Kind der Pandemie. Man kann Filme, Fernseh­sendungen und Musik während einer Verbindung gemeinsam und synchron konsumieren. Diese Funktion hätte ich seinerzeit im Beitrag #StayTheFuckHome – und trotzdem reisst der Kontakt nicht ab sehr gerne vorgestellt. Heute, wo die Massnahmen gelockert werden, ist sie nicht mehr ganz so virulent. Aber sie behält natürlich ihre Berechtigung.

Mit Windows an einem Facetime-Anruf teilnehmen.

Testen konnte ich die Facetime-Funktion nicht, weil ich kein anderes kompatibles Gerät zur Verfügung hatte. Ich nehme aber noch einen zweiten Anlauf mit meinem iPad mit iPadOS15, das ich bei Gelegenheit auch vorstellen werde – aber dafür brauche noch eine zweite Apple-ID.

Was ich hingegen ausprobiert habe, ist die Möglichkeit, sich ganz ohne Apple-Gerät, einfach über den Chrome- oder Safari-Browser in eine Videokonferenz einzuklinken. Das hat nicht geklappt: Ich konnte mich über den Link zwar mit Facetime verbinden, doch am Mac ist die Anfrage zur Gesprächsteilnahme nicht aufgetaucht. Aber klar: Das sind typische Beta-Krankheiten, die derzeit ausgemerzt werden.

Safari setzt Reiter und Adressleiste nebeneinander.

Einige Neuerungen gibt es in Safari. Die Reiter werden nun neben dem Adressfeld angeordnet. Eigentlich eine gute Idee – aber erst einmal etwas gewöhnungsbedürftig. Und man kann die Reiter gruppieren. Das ist eine Funktion, die es seit einiger Zeit bei Chrome gibt, die im Beitrag So behalten Sie den Überblick im Browser (Abo+) vorgestellt habe und die ich sinnvoll finde.

Immer die passenden Benachrichtigungen

Je nach Kontext gibt es unterschiedliche Mitteilungen.

Die Mitteilungen (Benachrichtigungen) lassen sich ausgeklügelt organisieren: Man kann sich verschiedene Profile einrichten, in denen dann unterschiedliche Apps aktiv sind und einen stören dürfen.

Diese sogenannten Fokus-Profile kann man manuell oder aber auch zeit- oder ortsgesteuert aktivieren. Sinnvoll, indem am Arbeitsplatz sich zum Beispiel Slack und GMail in den Vordergrund drängen dürfen, während man Zuhause vielleicht Nachrichten (iMessage) den Vorzug gibt.

Das wunschgemäss einzurichten, ist allerdings aufwändig. Zu begrüssen wäre, wenn das Betriebssystem einem passende Apps automatisch vorschlagen würde – denn wo man welche Anwendungen bevorzugt, ist ihm bekannt.

Dieses Menü macht das Anordnen der Fenster deutlich einfacher.

Ein nettes Detail für die Anordnung der Fenster, die es in sehr ähnlicher Form übrigens auch bei Windows 11 gibt: Klickt man auf den grünen Knopf in der linken oberen Ecke eines Anwendungsfensters, erscheinen Befehle zum Anordnen als Vollbild, in der linken oder rechten Fensterhälfte, oder aber auf einem anderen Bildschirm.

Einfach, aber genial: Die schnellen Notizen

Zum Abschluss einige Hinweise auf Funktionen, die ich bislang noch nicht ausführlich getestet habe, die ich mir aber noch genauer ansehen werde – in Anlehnung an diesen Beitrag hier:

  • Man kann via Airplay den Mac nicht nur als Quelle für die Bildschirmspiegelung, sondern auch als Ziel benutzen. Das heisst, man kann ihn als zweiten Bildschirm fürs iPad benutzen.
  • Bewegt man den Mauszeiger in die rechte untere Bildschirmecke, erscheint ein weisses Rechteck. Das ist eine sogenannte Quick Note, eine schnelle Notiz. Klickt man darauf, erscheint die Notizen-App – von dieser Möglichkeit werde ich gerne Gebrauch machen, verwende ich für solche temporären Texteingaben doch nach wie vor den Editor (Textedit).
  • Und auch das ist grossartig: In der Notizen-App gibt es neu den Knopf Einen Link hinzufügen: Klickt man darauf, wird die gerade in Safari geöffnete Adresse in die Notiz eingefügt.

4 Kommentare zu «Ein erster Blick auf Mac OS 12 alias Monterey»

Kommentar verfassen