Apple hat mich eiskalt erwischt. Ich hatte den Eindruck, ich hätte eine Chance. Doch sobald ich selbst nachgerechnet habe, war klar: Ich werde scheitern. Gnadenlos und auf ganzer Linie.
Also, es geht um die Aktivitäten-App. Die taucht am iPhone auf, wenn man eine Apple Watch koppelt. Und sie hat die Eigenheit, nicht nur Schritte, Kalorien und Aktivitäten zu zählen, sondern auch uns Nutzer auch mit Herausforderungen zu konfrontieren. Meine App hat mir für den Juni den Auftrag gegeben 448,7 Kilometer zu Fuss zu absolvieren.
Das ist eine absurd weite Strecke, und eigentlich müsste einem klar sein, dass die nicht zu bewältigen ist. Nicht, wenn man nicht Ferien hat und mindestens jede Woche eine grosse Wanderung unternehmen kann.
Das Ziel, schon fast in Griffnähe!
Trotzdem habe ich nicht gleich von Anfang an kapituliert, wie es jeder vernünftige Mensch getan hätte. Das lag daran, dass mir die App vorgegaukelt hat, das Ziel wäre zu schaffen.
Sie hat mir nämlich letzten Samstagabend angezeigt, ich müsse für die letzten drei Tage des Monats, Sonntag, Montag und Dienstag, noch 15,3 Kilometer absolvieren. Das müsste doch zu schaffen sein, dachte ich: Der Ehrgeiz war geweckt.
Doch dann habe ich nachgerechnet und mich gewundert: Es fehlten 61,6 Kilometer, und ich habe noch drei Tage Zeit – da stimmt offensichtlich etwas nicht. Und tatsächlich: Am nächsten Morgen verkündete die App, ich müsse 20,53 Kilometer schaffen. Und das war dann leider mehr, als ich mit einem ausgedehnten Familienspaziergang hätte bewältigen können.
Apples Angabe ist irreführend
Offensichtlich bezieht die App den aktuellen Tag in die Berechnungen mit ein – und zwar nicht nur morgens früh, sondern abends spät immer noch. Das wäre am Anfang des Monats vernachlässigbar. Am letzten Tag des Monats führt es zu einer Verfälschung von hundert Prozent. Für mich ist offensichtlich, dass die Berechnung für die verbleibende Tagesleistung ab dem nächsten Tag erfolgen müsste.
Es stellt sich eine zweite Frage: Wie kommt Apple dazu, ein derartig ambitioniertes Ziel zu stellen? Natürlich, die Idee ist, die Nutzer zu einer kontinuierlichen Leistungssteigerung anzuregen. Aber wenn die Latte derart hoch gelegt wird, dann kommt unweigerlich der Moment des Scheiterns. Und das ist, wie Blogger Mike Hill schreibt, keine kleine Sache:
Persönlichkeiten des Typs A, wie ich, planen ihre Tage so, dass am Ende alle drei Ringe geschlossen sind. Ein Tag, an dem nicht alle drei Ringe voll werden, fühlt sich wie ein Misserfolg an.
Ich bin anscheinend ein Typ des Typs A
Die Typologisierung scheint sich auf das Verhaltensmuster zu beziehen, das hier beschrieben wird und von den Kardiologen Meyer Friedman und Ray. H. Rosenman und aus dem Jahr 1959 stammt. Der Typ A zeichnet sich durch Ungeduld und Ruhelosigkeit, Ehrgeiz und Wettbewerbsstreben aus. Klar, das wären Leute, die sich von solchen Challenges auch tatsächlich herausfordern lassen. Und es gibt sie, die Leute, die sich über ihr Limit hinaus pushen lassen, wie aus dieser Diskussion bei Reddit ersichtlich wird.
Die Idee der monatlichen Herausforderungen finde ich gut – und auch der Anspruch, dass die nicht allzu leicht erreichbar sein sollen. Doch Apple plagt die Apple-Watch-Nutzer über Gebühr. Wiederum die Worte von Mike Hill:
Am Ende meiner Reise wurde mir klar, dass ich meine Seele für den niedrigen, niedrigen Preis eines kleinen, digitalen Icons verkauft habe!
Beitragsbild: Zu hoch, Apple, zu hoch! (Victor Freitas, Pexels-Lizenz)
One thought on “Apple kann nicht gut rechnen. Aber umso besser uns Nutzer plagen”