Ich habe einige Projekte, die ich vor mir herschiebe – einige seit Jahren. Ein solches Projekt ist die lange Nacht der Fanfiction. Die wird irgendwann auf Stadtfilter stattfinden (oder auch nicht). Und wir werden die schönsten Werke aus dem Bereich der Fanfiction lesen.
Die Idee ist entstanden, als ich im Juli 2017 im Beitrag Wo die weiblichen Nerds das Sagen haben über das Phänomen geschrieben habe – und mir das immense Ausmass aufgegangen ist. Es gibt Millionen von Texten, in denen die Community die Geschichten ihrer Helden weiterspinnen und ihnen auf diese Weise eine (oftmals eher fragwürdige) Referenz erweisen.
Die Radiosendung ist bislang nicht entstanden, weil mir im Tagesgeschäft die Zeit für die Planung fehlt. Und weil ich mir über die Modalitäten nicht im Klaren bin: Wie würde man die Texte auswählen, die gelesen werden? Und wie beschränkt man die Länge der Lesungen auf ein erträgliches Mass? Es bräuchte irgend eine klevere Form der Publikumsbeteiligung, mit der die Geschichten ausgewählt und die laufende Rezitation einer konstanten Bewertung unterzogen wird. Sprich: Wenn eine Geschichte langweilt, muss sie innert weniger Minuten gestoppt werden können.
Die Idee ist noch nicht ausgebrütet
Das alles wäre reichlich kompliziert und birgt die Gefahr, dass es eine knorzige Angelegenheit wird. Vermutlich ginge es auch einfacher – vielleicht mit einer aufsässigen Live-Jury. Jedenfalls ist die Sendung noch nicht fertig ausgebrütet. Und darum hattet ihr noch nicht das Vergnügen, sie zu hören. Und wie immer gilt: Falls ihr Ideen habt oder euch beteiligen wollt, dann meldet euch via Kommentare.
Jedenfalls: Wenn es Fan-Fiction gibt, dann muss es auch Fanfilme geben. Ich erinnere mich, dass einer meiner Schwager einmal ein Exemplar aus diesem Genre vorgeführt hat. Und ich erinnere mich auch, dass ich sehr froh war, nach einer langen Dreiviertelstunde eingeschlafen zu sein. Nicht mehr präsent habe ich, welches Meisterwerk diesen Effekt auf mich hatte. Aber es ging um irgend ein Raumschiff, in dem eine Handvoll Figuren irgend etwas gemacht haben. Da sie häufiger Schutzanzüge getragen haben, konnte ich sie jedoch nicht unterscheiden.
Nicht grundsätzlich abgeneigt
Trotz dieses Erlebnisses bin ich dem Genre nicht grundsätzlich abgeneigt. Diese familiären Filmvorführungen waren nämlich abseits der Fanfilme nicht immer eine sonderlich glückliche Angelegenheit: Ein anderer Fast-Schwager hat nämlich einmal Texas – Doc Snyder hält die Welt in Atem vorgeführt. Und so leid es mir tut, aber die Kunst des Helge Schneider erschliesst sich mir nicht.
Einer der bekanntesten Fanfilme: The hunt for Gollum.
Also, Fanfilme. Die deutschsprachige Wikipedia hält das Phänomen nicht für so wichtig, dass es einen Beitrag dazu gäbe. Ich habe aber einen Beitrag zu Fanserien gefunden. Der ist aber so wenig aussagekräftig, dass die berüchtigten Löschtrolle ihn eigentlich zur Beseitigung vormerken müssten.
Seit 1926 gibt es das Genre
In Englisch gibt es bei Wikipedia einen ausführlichen Artikel. Da erfährt man Folgendes:
Der früheste bekannte Fanfilm ist «Anderson Our Gang», der 1926 von einem reisenden Filmer-Ehepaar produziert wurde. Der in Anderson, South Carolina, gedrehte Kurzfilm basiert auf der Our Gang-Filmserie. Die einzige verbliebene Kopie befindet sich in der Newsfilm-Bibliothek der University of South Carolina.
Man erfährt, dass auch der später anderweitig zu Berühmtheit gekommene Hugh Hefner als Teenager solche Fanfilme gedreht hat. Und wir alle hoffen natürlich, dass die süsse kleine Kaninchen zum Thema hatten. Und laut Wikipedia hat auch Andy Warhol einen Fanfilm gedreht. Nämlich Batman Dracula. Wie cool ist das denn?!
Wenn man Wikipedia glauben darf, scheinen vor allem die Sciencefiction-Fans von der Idee angetan, einen eigenen Beitrag zu dem von ihnen verehrten Werkekanon zu leisten. Das ist einerseits naheliegend, weil Sciencefiction-Fans in aller Regel auch Technik-Nerds sind und daher die Voraussetzungen mitbringen, um die Produktions-Herausforderungen zu meistern. Andererseits ist Sciencefiction eine besonders anspruchsvolle Disziplin mit sehr hohen Ansprüchen ans Dekor und die Ausstattung, die Requisiten, Kostüme und die Spezialeffekte.
Gelten auch die Söhne des Erfinders als Fans?
Trotzdem: Nebst «Star Trek Continues», seinerzeit im Beitrag Hommage an die Enterprise vorgestellt, scheint man auch The New Voyages kennen zu müssen. Allerdings – ist es noch ein Fan-Projekt, wenn der Sohn des Original-Erfinders mit dabei ist? Denn laut Wikipedia hat Eugene Roddenberry Jr. als beratender Produzent mitgewirkt. Und die Kosten von 70’000 US-Dollar passen auch nicht so ganz ins Bild, wo typische Produktionen gänzlich ohne Budget auskommen müssen.
Was mich nun interessieren würde: Gibt es irgendwo eine gute Übersicht der Fanfilm- und Fanserien-Projekte? Ein schöner Katalog, vergleichbar mit fanfiction.net im Bereich der Fan-Literatur?
Aber nein, das scheint eine Marktlücke zu sein. Ich habe einige Aufzählungen im Stil von 12 incredible fan films that put Hollywood to shame gefunden, die zum Beispiel Darth Maul: Apprentice oder Raiders of the Lost Ark: The Adaptation abfeiern.
Aber eine Datenbank, die den Namen verdient, scheint es nicht zu geben. Einzelne Subgenres haben ihre Website, zum Beispiel batmanfanfilms.com. Aber darüber hinaus habe ich nicht viel Brauchbares gefunden. Falls ihr Empfehlungen habt: Ab damit in die Kommentare.
Wie immer hilft IMDB weiter
Die beste Anlaufstelle scheint mir die gute alte Internet Movie Data Base zu sein. Dort gibt es das Schlagwort Fan film, zu dem man immerhin 977 Titel findet. Der beliebteste ist Spider-Man 4: Fan Film, der sein Budget von 10’000 Dollar via Kickstarter zusammengetragen hat. Dessen Besonderheit ist, dass er noch gar nicht fertig ist. Der beliebteste Fanfilm, ein unvollendetes Werk? Das klingt ja fast so, als ob dieses Genre seine Blütezeit noch vor sich hätte…
Beitragsbild: Wie kommt es, dass es keine Romcom-Fanfilme gibt? (Martin Lopez, Pexels-Lizenz)