Denkanstösse von der BBC

Der Podcast «The Inquiry» von BBC World Service hat sich zum Ziel gesetzt, auf die ganz grossen Fragen eine Antwort zu liefern.

Die BBC macht hörenswerte Podcasts. Im Beitrag Der Adler ist in der Podcast-App gelandet habe ich «13 Minutes to the Moon» vorgestellt – noch immer ein heisser Tipp, der auch recht gut zu For All Mankind passt. Da sieht man nämlich, dass eine Dokumentation in Sachen Spannung nicht hinter der Fiktion zu verstecken braucht. Nebenbei bemerkt: Die zehnte Folge des Podcasts trägt genau den Titel «For all mankind».

Die grossen Fragen sind offensichtlich nur von einem dünnen Papierchen bedeckt.

Aus der gleichen Ecke, nämlich von BBC World Service kommt der Podcast The Inquiry. Vier Experten geben Antwort auf eine Frage. Und der Anspruch ist, dass diese Antworten tiefer blicken lassen, als es der typische News-Artikel und die klassische Schlagzeile tut. Es soll um, Zitat, «die Trends, Kräfte und Ideen gehen, die die Welt gestalten».

Ein hehres Ziel

Das ist ein hoher Anspruch: Ein Podcast zu den wesentlichen Fragen – nicht zu den Nebensächlichkeiten, die in den Medien sonst so breitgetreten werden. Das ist auch ein bisschen arrogant. Aber wer, wenn nicht die BBC, darf sich einen gewissen Dünkel erlauben?

Ich habe nun noch nicht so viele Episoden gehört, dass ich wirklich beurteilen könnte, ob sich der Podcast über die Zeit den hohen Erwartungen auch gerecht wird.

Unterschiedliche Flughöhen

Ein paar Stichproben zeigen, dass die Podcaster nicht nur in philosophischen Sphären schwebt, sondern sich vom Alltagsgeschehen durchaus beeinflussen lassen. Das zeigen Folgen wie How did Trump get into trouble with Ukraine?, Why was Qasem Soleimani killed?, Is Nato obsolete? oder Can we protect our elections from social media manipulators?.

Das ist nicht verkehrt. Aber wenn man sich mehr für die zeitlosen  Themen und Folgen interessiert, dann kann man bei der Best-of-Auswahl ansetzen. Hier findet man Folgen wie Are We Tired Of Talking About Climate Change?, Is Retirement Over? oder What Would it Take to Put a Human on Mars?.

Ich bin bei der Folge Will humans become extinct by the end of the century? eingestiegen: Wird die Menschheit bis zum Ende des Jahrhunderts ausgestorben sein? Aus dem Bauch heraus würde man die Wahrscheinlichkeit relativ hoch einschätzen. Und auch der Podcast kommt zu dem Schluss – wobei er uns durchaus eine Überlebenschance einräumt.

Knapp eine halbe Stunde dauern die Antworten

Die Folge ist leicht verdauliche 24 Minuten lang und lässt mehrere Experten zu Wort kommen – wie das bei diesem Podcast normalerweise der Fall zu sein scheint. Und er hat mich überrascht, indem es nicht direkt um den Klimawandel geht. Dabei ist das mutmasslich eines der grössten Risiken «for all mankind». Nebst der längst nicht gebannten Bedrohung durch Atomwaffen. Und dem Hang der Menschheit, durch ungezügelte Gier die eigenen Lebensgrundlagen zu vernichten.

Es geht im Podcast aber um die Frage des anhaltenden Bevölkerungswachstums. Eigentlich einleuchtend. Denn man kann viele Bedrohungen, gerade auch den Klimawandel, darauf zurückführen. Die NZZ hat diesen Aspekt neulich ebenfalls  aufgegriffen. Die Erkenntnis: Es ist in der Tat einer der entscheidenden Faktoren. Aber:

Für Lotze-Campen ist das Bevölkerungswachstum allerdings eine Entwicklung, die er als gegeben hinnimmt und nicht weiter diskutiert. Man untersuche beispielsweise auch keine Rückwirkungen des Klimawandels auf die Bevölkerungsentwicklung.

Am Institut werde ferner nicht untersucht, wie man die Bevölkerungsentwicklung beeinflussen könnte, wenn man es denn wollte, sagt der gebürtige Ostfriese. Die Idee, quasi das Bevölkerungswachstum zu managen, sei für ihn ethisch fragwürdig und kurzfristig auch wenig zielführend.

Ich weiss natürlich, wie belastet die Frage nach dem Bevölkerungswachstum ist. Die Verschwörungstheoretiker unterstellen routinemässig allen möglichen und unmöglichen Leuten, sie würden die Bevölkerung dezimieren wollen – mittels Chemtrails, Impfen oder durch eigentliche Bevölkerungsreduktionsprogramme.

Und klar, es ist ein heikles Thema. Niemand will sich verbieten lassen, sich fortzupflanzen. Und auch keiner hat Lust, sich überzählig zu fühlen. Aber wenn es fürs Überleben wichtig ist, sollten wir nicht trotzdem darüber sprechen? Zumal die Diskussion um die Grenzen des Wachstums nicht gerade brandneu ist, sondern schon in den 1970er-Jahren geführt wurde.

Gute Fragen – nicht immer befriedigende Antworten

Fazit: Die BBC stellt gute und interessante Fragen und bietet Denkanstösse. Mit den Antworten bin ich indes nicht vollkommen zufrieden. Aber es scheint auch nicht der Anspruch zu sein, die abschliessend zu beantworten. Sonst müsste der Podcast vermutlich etwas länger sein als eine knappe halbe Stunde.

Beitragsbild: So höre ich meine Podcasts auch immer – nachdenklich in einem Kornfeld stehend (Benjamin Davies/Unsplash, Unsplash-Lizenz).

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