Zehn Jahre iPad: Ein Grund für Freude und Kritik

Vor zehn Jahren hat Steve Jobs das iPad vorgestellt. Eine kleine Presseschau.

Das iPad ist zehn Jahre alt. Das ist ein Jahrestag, der den einen egal ist – und der von anderen als Gelegenheit gefeiert wird, darauf hinzuweisen, wie viel Apples Tablet in dieser Dekade verändert hat.

Zu den begeisterten Gratulanten gehört mein Kollege Rafael Zeier, der eine veritable Laudatio (Bezahlschranke) auf dieses Gerät gehalten hat. Auch der Autor des Spiegel, Matthias Kremp, gehört ins Lager der Begeisterten und Bekehrten. Er tut das, was Apple selbst auch tut. Er fragt nämlich: «Warum nennen wir es nicht einfach Computer?»

Etwas nüchterner sieht es Kolumnist und Markdown-Erfinder John Gruber. The iPad Awkwardly Turns 10 schreibt er in seinem Blog: «Das iPad wird ungeschickterweise zehn», müsste man das übersetzen, wenn man der Grammatik treu bleibt:

In der Einschätzung gibt es, wie es sich gehört, erst ein bisschen Lob:

Die iPad-Hardware ist unbestreitbar großartig. Die preisgünstigeren Modelle sind ausgezeichnete Tablets für die breite Anwenderschaft, und sie sind die billigsten Personal Computer, die Apple je hergestellt hat.

Dann aber kommt die Kritik:

Die Krux ist die Software: Bei der hat sich das iPad in eine Ecke manöveriert. Das Multitasking von iPadOS ist weitaus leistungsfähiger als das des iPhones, ja, aber irgendwie hat Apple es geschafft, ees weit weniger konsistent und kohärent zu konstruieren als beim Macs, während es auch weit weniger kann. iPad-Multitasking: komplexer und weniger leistungsfähig. Das ist eine ganz schöne Kombination.

Wired-Autorin Lauren Goode zeichnet die letzten zehn Jahre nach, und stellt dem Text folgende Einschätzung voran:

Apples Ambitionen für die Tablets waren viel größer […]. Es war als eine neue Art von Gerätekategorie gedacht: Eine, die die Art und Weise, wie wir lesen, sehen, lernen und arbeiten, verändern würde.

Das iPad würde letztlich nicht all diese übertriebenen Versprechungen erfüllen. Aber in den letzten zehn Jahren hat es eine neue, intimere Art der persönlichen Computererfahrung eingeführt. Und ist an dem Punkt angelangt, an dem es zumindest als möglicher Laptop-Ersatz betrachtet werden kann.

Das scheint mir fair. Und auch Jason Cipriani von ZDnet.com hat nicht Unrecht mit dieser Einschätzung.

Ich denke, es hat ein Jahrzehnt gedauert, bis das iPad bereit für die Selbständigkeit war, weil Apple versucht hat, einen eigenen Weg fürs iPad zu finden. Der Konzern will herauszufinden, wie weit man das Tablet-Prinzip vorantreiben kann. Die Botschaften der Marketingabteilung stimmten oft nicht mit dem überein, was das iPad wirklich kann. Sicherlich könnte es für einige Benutzer einen Computer ersetzen, und mit der vielseitigeren Pro-Produktreihe kam dieser Traum der Realität näher.

Am härtesten ins Gericht geht Dominik Bärlocher vom Schweizer Elektronik-Internethändler Digitec mit dem iPad ins Gericht. Das nutzloseste Stück Technologie feiert sich, heisst der Titel bei ihm:

Käufer haben am Ende ein Stück Technologie zu Hause, das nirgends so recht reinpasst. Zu schwach zum Gamen. Zu behäbig, um anständig damit arbeiten zu können. Tippen auf dem Screen ist ein Alptraum. Stifte kosten extra. Handschrifterkennung kommt so langsam in die Gänge – zehn Jahre nachdem wir sie gebraucht hätten. Zu grell und zu schwer für eBooks.

Gut ist wenigstens die Tatsache, dass wenn du dir ein Tablet kaufst, es auch in zehn Jahren noch genauso nutzlos ist.

Hm. Etwas gar hart und einseitig, sogar für meinen Geschmack. Ging es hier darum, die redaktionelle Unabhängigkeit zu beweisen?

Meine bescheidene Meinung ist, dass das iPad die hochfliegenden Erwartungen nicht erfüllt hat. Die Hardware ist toll und man kann mit den Tablets viele Dinge erledigen. Doch das iPad kann nichts herausragend gut bzw. besser als die anderen Geräte. Es ist nicht unnütz – aber Microsoft macht es richtig, indem der Tablet-Modus bei Windows 10 einfach eine zusätzliche Benutzerschnittstelle und eine alternative Bedienmöglichkeit bereitstellt.

Im Beitrag Ist das iPad der bessere PC? (Bezahlschranke) nehme ich die Nein-Position ein.

Seit zehn Jahren fehlt das Alleinstellungsmerkmal. Und Apple hat bislang keines herbeizaubern können, obwohl Steve Jobs das iPad doch als «magisches Gerät» vorgestellt hatte. Microsoft hat es schlauer gemacht: Bei Windows-Geräten ist die Bedienung mit Stift und Finger eine Zusatzfunktion, die man bei Bedarf aktiviert: indem man bei seinem Convertible die Tastatur abdockt oder nach hinten klappt, wenn man sie gerade nicht braucht.

Natürlich gab es auch Spott zum Geburtstag, wie es sich gehört. Mikko Hyppönen, Chefentwickler bei F-Secure, schrieb: «Heute vor zehn Jahren hat Apple das iPad vorgestellt (Bild ohne Zusammenhang)»:

Beitragsbild: Was kann man nicht damit tun? (Spoileralarm: Es unbeschadet in den Pool werfen.) (Maarten van den Heuvel/Unsplasha, Unsplash-Lizenz)

2 Kommentare zu «Zehn Jahre iPad: Ein Grund für Freude und Kritik»

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