Warum bei mir jetzt überall solche Kleber kleben

Mit iOS 13 lässt sich NFC nun endlich auch für etwas anderes als für Apple Pay nutzen. Das eröffnet eine riesiges Tummelfeld; das man am besten mit programmierbaren NFC-Chips auslotet.

Eine der versteckten Neuerungen bei iOS 13 ist die Öffnung von NFC. Das sind gute Neuigkeiten für Leute wie mich, die solche protektionistischen Schutzmassnahmen ärgerlich finden. Bislang war NFC nämlich fast exklusiv für Apples eigene Zwecke da. Zahlungen per Apple Pay werden darüber abgewickelt. Und man kann seine Airpods damit einfach koppeln. Ich bin gespannt, ob diese Öffnung auch für Twint und für die Hersteller anderer koppelbarer Geräte praktische Auswirkungen haben wird.

Der NFC-Kleber wird per App beschrieben.

Ein Tummelwiese für eigene Spielereien eröffnet sich aber jetzt schon. Für mein kleines Reverse-Engineering-Projekt habe ich mir NFC-Aufkleber bestellt. Die heissen Ntag213. Einer davon ist oben abgebildet. – in Originalgrösse hat er einen Durchmesser von 2,5 Zentimeter. Es gibt sie bei bastelgarage.ch für 80 Rappen das Stück. (Ich nehme an, man könnte sie beim Express von Ali bestellen und müsste dann höchstens 8 Rappen pro Stück bezahlen – aber ich wollte nicht drei Monate warten, bis das Schiff von China hierher gegondelt ist.)

Das sind, wie man es sich vorstellt, kleine runde Kleber, die man überall hin aufpappen kann. Sie sind von Haus aus leer, können aber selbst programmiert werden. Das habe ich sowohl mit dem iPhone als auch mit einem Android-Smartphone ausprobiert. Und die gute Nachricht: Es klappt in beiden Fällen.

Programmieren via NFC-App

Für iOS habe ich die App NFC fürs iPhone benutzt, für Android (auf dem Huawei P10) Trigger. Diese Apps beschreiben die Karten mit Aktionen, die man hinterher auslöst – einfach, indem man das Telefon an den NFC-Kleber hält.

Die Befehle, die die NFC-für-iPhone-App zur Verfügung stellt.

Die App NFC fürs iPhone stellt im Bereich Schreiben die sieben Kategorien Visitenkarte, Kurzbefehle, Standort, Weblink, Text, Telefonnummer und SMS zur Verfügung. Man kann zum Beispiel einen Kleber einrichten, der automatisch den Standort übermittelt, eine digitale Visitenkarte ans Telefon überträgt, einen Weblink öffnet oder eine Telefonnummer angibt.

Die interessanteste Option ist aber ohne Zweifel Kurzbefehle. Damit klinkt man sich in die gleichnamige iOS-App ein (siehe Siri auf Steroiden) und führt einen Kurzbefehl aus. Das eröffnet ungeahnte Möglichkeiten. Man richtet zum Beispiel einen Kurzbefehl ein, der das Telefon auf den Büromodus umschaltet (lautlos, «Bitte nicht stören» aus, etc.). Um den Modus zu aktivieren, braucht man nur das Telefon an den Kleber hinzuhalten.

Natürlich ergeben sich noch viele weitere Möglichkeiten. Auf die gehe ich gleich noch ein. Zuerst aber nochmals einen Blick in die Android-Welt und ein Hinweis, was mit der Trigger-App möglich ist:

Die Kategorien und Befehle, die bei Android in der Trigger-App zur Verfügung stehen.

Sie hält Befehle in den Kategorien WLAN & Netzwerk, Bluetooth, Töne & Lautstärke, Display, Social Media, Nachrichten, Anwendungen und & Shortcuts, Agent, Reisen, Alarm, Veranstaltungen, Telefon, Tasker und Experimentell bereit. Das eröffnet viele Möglichkeiten: Man schaltet das WLAN ein und aus, richtet Hotspots ein, stellt das Telefon auf stumm oder laut, setzt automatisch Tweets ab, meldet sich bei Facebook an oder checkt bei Foursquare (Swarm) ein. Man stellt einen Alarm, wählt eine Nummer, oder, oder.

Mein Plan für einen solchen Kleber: Ich hätte gerne einen am Regal in der Küche. Er soll, wenn das iPhone ihm nahe kommt, bei Spotify den Mix der Woche über unseren WLAN-Lautsprecher dort abspielen.

Leider verweigert sich Spotify den Shortcuts

Das ist allerdings ein gröberes Unterfangen. Spotify unterstützt von Haus aus keine Kurzbefehle (Shortcuts). Mit etwas Googeln findet man Spotify Shortcut setup. Doch wenn man den aufrufen möchte, schmettert das iPhone dieses Begehren mit dem folgenden Hinweis ab: «Dieser Kurzbefehl kann nicht geöffnet werden, weil deine Sicherheitseinstellungen von Kurzbefehle nur vertrauenswürdige Kurzbefehle erlauben.»

Das klingt aber danach, als ob man das Problem durch eine Konfigurationsänderung aus der Welt schaffen könnte. Apple erklärt die Sache im Supportdokument Aktivieren geteilter Kurzbefehle. In den Einstellungen bei Kurzbefehle schaltet man die Option Nicht vertrauenswürdige Kurzbefehle erlauben ein.

Wenn man diesen Befehl aufruft, erscheint eine lange Erklärung, wie man sich ein Access token beschafft. Sollte wie folgt gehen:

Der Kurzbefehl zeigt einem nach dem Aufruf diverse Befehle. Man wählt einen beliebigen aus, zum Beispiel Play Spotify. Dann muss man Spotify mit der App verbinden und zustimmen, dass sie Zugriff aufs Spotify-Konto erhält. Danach landet man auf einer Seite, wo man einen ellenlangen Spotify autorisation code angezeigt bekommt. Den kopiert man in die Zwischenablage. Danach läuft die Aktion durch und meldet Vollzug. Allerdings erscheint beim nächsten Start eine Fehlermeldung: Unfortunately, we weren’t able to generate the refresh token. Please try again and make sure that you only copy the authorization token.

Unfähigkeit meinerseits oder Unausgereiftheit Apple-seits?

Es bleibt dahingestellt, ob ich unfähig bin oder ob dieser Kurzbefehl noch nicht ausgereift ist. Denkbar ist auch, dass es sich um ein Problem von iOS 13 handelt.

Der Kurzbefehl, der die Wiedergabeliste auf dem Lautsprecher in der Küche startet.

Jedenfalls tut das dem Spass nur minimen Abbruch. Man kann anfänglich schliesslich auch einfach kleinere Brötchen backen und sein Glück mit simplen Shortcuts versuchen. Wenn man in der NFC-fürs-iPhone-App den Start einer Wiedergabeliste in der Musik-App veranlasst, dann klappt das problemlos. Auch das Abspielen am Lautsprecher klappt einwandfrei: Man wählt in der Liste der Befehle im Abschnitt Wiedergabe den Befehl Wiedergabeziel festlegen und gibt dann seinen WLAN-Lautsprecher an – fertig.

Etwas schade ist, dass der Kurzbefehl nicht sofort ausgeführt wird, sondern am iPhone noch bestätigt werden muss. Es erscheint eine Benachrichtigung, die man antippen muss, damit der Befehl effektiv ausgeführt wird. Das verhindert, dass man die Aktion ohne Blick aufs Telefon ausführen kann. Aber es vermeidet natürlich auch, dass sie ungewollt veranlasst wird – was seinerseits störende Folgen haben könnte.

Der Start eines Kurzbefehls muss bestätigt werden.

Ich trage mich übrigens mit dem Gedanken, ein Patentrezept-Video zu diesem Thema zu machen. Falls ihr lustige, ausgefallene oder interessante Ideen habt, was man mit solchen NFC-Kleber anstellen könnte – dann lasst es mich via Kommentare wissen!


Ein fast magischer Trick fürs Smartphone

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