Das ist so ein Fall, wo man sich von der Umwelt mehr Mitgefühl erhofft, als man dann tatsächlich erhält. Und es ist auch verständlich – denn ich selbst würde jemanden in der gleichen Situation ein empathieloses «Selber schuld!» um die Ohren hauen. Weil man es wirklich besser wissen sollte.
Und ja, ich weiss es besser. Aber immerhin hatte ich einen guten Grund, mich in solche Sparglimenten zu begeben.
Also, Folgendes hat sich zugetragen:
Ich habe die Betaversion von Mac OS Catalina installiert. Und es ist genau das passiert, was in solchen Fällen natürlich passiert: Mein produktives System hat aufgehört, produktiv zu sein.
Das meiste läuft zwar noch. Doch genau jenes Programm, für das ich den Mac hauptsächlich benötige, hat den Betrieb eingestellt. Es handelt sich um Final Cut Pro, mit dem ich meine Videos schneide. Das stürzt einige Momente nach dem Start ab – und zwar auch dann, wenn man die gängigen Fehlerbehebungsmassnahmen durchexerziert.
Final Cut hat den finalen Cut getan
Es ist tatsächlich so: Apple liefert eine Betaversion des Betriebssystems aus, mit der eines der wichtigsten Apple-Anwendungsprogramme nicht mehr läuft. Kann man machen. Muss man aber nicht.
Aber wie gesagt: Man hat es nicht besser verdient, wenn man auf die dumme Idee kommt, eine Beta-Version auf sein Arbeitsgerät loszulassen. Zu meiner Verteidigung sei folgendes gesagt: Ich konnte nicht anders. Ich muss mir Catalina aus beruflichen Gründen ansehen, um darüber zu schreiben, eventuell auch ein Video zu drehen. Und da mein Spesenbudget nicht derartig gut ausgestattet ist, dass ich für Testzwecke einen Zweit-Mac anschaffen könnte, muss ich halt den nehmen, den ich habe.
Fragt sich dann: Wie kommt man aus der Bredouille wieder heraus? Ein Downgrade ist keine gute Option, weil ich dann zwar wieder ein funktionierendes Videoschnittprogramm zur Verfügung habe. Aber eben keine Installation der Software, die ich testen müsste.
Davinci Resolve löst gar nichts
Ich probiere es erst mit einer alternativen Schnittsoftware; dem hier besprochenen Davinci Resolve. Die Idee verwerfe ich sogleich wieder. Es ist klar, dass sich dieses Program mir nicht innert nützlicher Frist erschliessen wird. Und ausserdem kommt es mit den Clips aus meiner Kamera nicht zurecht. Der Ton ist komplett übersteuert.
Eine praktikable Lösung ist diese – und sie ist nicht völlig revolutionär. Natürlich hätte ich von Anfang an daran denken müssen. Man installiert eines der Betriebssysteme auf ein externes Speichermedium. Das sollte natürlich ein möglichst schnelles sein. Zum Glück habe ich noch eine Thunderbolt-Platte (die X5 von Samsung) in Griffnähe.
Sinnvollerweise würde man natürlich die externe Festplatte für das Beta-Betriebssystem benutzen. In meinem Fall war es für diese Erkenntnis zu spät, da Catalina bereits intern installiert war. Aber vielleicht ist es sogar ein Vorteil, wenn man die externe Festplatte für ein gut abgehangenes Betriebssystem verwendet: Man hat dann nämlich immer eine Notfall-Lösung parat, falls das Haupt-System unerwartet und ohne eigenes Verschulden in die Binsen geht.
Ein Downgrade ist keine simple Angelegenheit
Ein guter Plan. Doch es zeigt sich, dass es gar nicht so einfach ist, eine ältere Version von Mac OS X zu installieren. Wenn man das Installationsprogramm startet, dann bricht es sogleich wieder ab: «Diese Version des Programms Mac OS Installer ist zu alt und kann nicht mit dieser Version von Mac OS geöffnet werden.»
Man braucht ein externes, startbares Medium. Wie man an so eins herankommt, hat Macworld ausführlich beschrieben. Eine knappe Schilderung hält auch Apple im Supportdokument Startfähiges Installationsprogramm für macOS erstellen bereit. Und so habe ich es gemacht:
Erstens habe ich die Thunderbolt-Festplatte formatiert, und zwar mit Format OS Extended (Journaled) und GUID-Partititonstabelle.
Zweitens habe mir eine ältere Version von Mac OS heruntergeladen. Ich wollte eigentlich Mojave nehmen, doch die Version hat die Store-App nicht gefunden. Egal, auch mit High Sierra ist mir willkommen. Nach dem Download deponiert die App-Store-App das Installationsprogramm im Ordner «Programme».
Drittens benötigt man einen Datenträger, der als bootbares Installationsmedium zum Einsatz kommt. Ich krame dafür einen USB-Stick mit 8 GB Kapazität hervor.
Den Stick bootmässig präparieren
Dieser Stick wird nun viertens entsprechend präpariert. Man öffnet das Terminalfenster und gibt folgenden Befehl ein:
sudo /Applications/Install\ macOS\ High\ Sierra.app/Contents/Resources/createinstallmedia --volume /Volumes/Hisierra
Die Angabe beim Parameter –volume muss man den Gegebenheiten anpassen. Wenn der USB-Stick nicht «Hisierra» heisst, trägt man dort den entsprechenden Namen ein. Und die Befehle für die anderen Betriebssystemversionen finden sich im erwähnten Apple-Supportdokument.
Nun sollte es losgehen können. Um den Mac vom USB-Stick aufzustarten, hält man nach dem Einschalten die Option-Taste gedrückt. Es erscheint ein Bootmenü, aus dem man den Stick auswählt.
In der berühmt-berüchtigten Mac-OS-Recovery-Umgebung gibt es nun den Befehl Mac OS installieren. Den klickt man an, nickt die Endbenutzervereinbarung ab und wählt das Laufwerk aus, auf dem die Installation erfolgen soll. Hier sollte man die richtige Wahl treffen. Entscheidet man sich aus Versehen für das interne Laufwerk, überschreibt man seine angestammte Arbeitsumgebung mit einem älteren, auf Werkseinstellungen zurückgesetzten System.
Wie ich gerade gesehen habe, lässt sich mit der kostenlosen Version von Parallels OS X auf OS X virtualisieren: https://engineering.rallyhealth.com/tools/mac/virtualization/2018/04/27/mac-on-mac-virtualization.html
Kannte Parallels bisher nur für „Windows auf OS X“. Das läuft auf jeden Fall zuverlässig und schnell.
Interessant! Bis anhin war Mac OS nicht bzw. nur mit Schmerzen virtualisierbar (siehe z.B. So installieren Sie macOS in einer virtuellen Maschine bei Heise). Für den Videoschnitt ist eine native Installation aber vermutlich trotzdem die peformantere Lösung.
Stimmt, OS X auf einem Nicht-Mac zu virtualisieren war und ist mühsam (und illegal). OS X auf OS X scheint einfacher zu sein, weil man keine Sperren umgehen muss.
Parallels bietet Hardwarebeschleunigung bei der virtuellen Grafikkarte, aber ich würde den Videoschnitt auch lieber auf dem Host machen. Also der Host produktiv, die VMs für Tests. Hat auch den Vorteil, dass man in den Genuss von Snapshots zum Testen kommt.