Ist Photoshop unersetzlich? Die Meinungen gehen auseinander

Die drei tollen Affinity-Apps Publisher, Photo und Designer werfen die Frage auf, ob professionelle Gestaltung ohne Adobe möglich ist. Die Kommentare der Leserschaft sind spannend.

Die Affinity-Anwendungen waren hier im Blog immer mal wieder ein Thema. Im Beitrag Eine vielversprechende InDesign-Alternative habe ich Affinity Publisher vorgestellt, bei Ernsthafte Bildbearbeitung mit dem iPad Photo und im Beitrag Diese App sollte Adobe Angst einjagen Designer.

Da ich mir ziemlich sicher war, dass diese Apps nicht nur mir und den Leserinnen und Lesern dieses Blogs gut gefallen, sondern auch für ein breiteres Publikum interessant sind, habe ich sie im letzten Patentrezept-Video vor den Sommerferien vorgestellt.


Diese Kampfansage bringt Photoshop in Bedrängnis

Die Resonanz war dann noch viel grösser, als ich erwartet hatte – natürlich auch, weil die Überschrift gegen Adobe gemünzt war. Die Unzufriedenheit bei den Nutzern ist beträchtlich – ebenso natürlich auch das Bewusstsein, wie gross die Abhängigkeit ist.

Es gibt die Umsteiger

Das zeigt sich auch bei den Kommentaren zum Video – die für einmal aufschlussreich und lesenswert sind. Da schreibt zum Beispiel Hans Huggentobler:

Wir nutzen in unserer Agentur seit zwei Jahren Affinity und sind sehr zufrieden damit. Ich persönlich mag den Personas-Workflow sehr. Etwas das es in der Adobe-Welt nicht gibt: Aus einer Master-Datei kann ich jetzt beliebige Elemente in beliebigen Formaten exportieren.

Bernhard Sidler

Danke, Affinity!
Ich arbeite seit vielen Jahren professionell mit Adobe-Programmen. Jetzt habe ich den definitiven Umstieg auf die drei Affinity-Programme gewagt.

Auch Andreas Gehrig ist im Team Affinity:

Ich nutze vor allem Affinity Designer. Bin von Corel umgestiegen, aber wirklich vermisst habe ich, ausser dem Export zu AutoCAD, nichts. Die professionelle Ausgabe von Grafikdaten für den Druck ist sehr gut gelöst und lässt kaum Wünsche offen. Im Handling ist Affinity wirklich intuitiv.

Natürlich gibt es auch die Leute, die die Adobe-Programme für unersetzlich halten – was sie je nach Arbeitsweise natürlich auch sind. (So erwähne ich es auch im Video).

Für manche ist Adobe alternativlos

Matthias Kalt, aus dem Team Adobe:

Jeder Profifotograf weiss, dass es keine echte Alternative zu Photoshop gibt. Zwar viele «Kopien» und nette Bildbearbeitungsprogramme für Amateure, aber an die Mächtigkeit von Photoshop kommt nichts heran. Das Mietsystem von Adobe ist – auch ich war am Anfang skeptisch – eine extrem gute Lösung.

Was Photoshop tatsächlich oft unersetzlich macht, sind die eingespielten Arbeitsabläufe und für mich auch der riesige Fundus an Aktionen, Erweiterungen und Scripts. Das ist das, was man gemeinhin als «Ökosystem» bezeichnet: Die grossen Anwendungen wirken als Graviatationszentren und ziehen viele kreative Lösungen an. Dagegen anzustinken, ist tatsächlich schwierig.

Nicht einverstanden bin ich mit der letzten Aussage. Das liegt aber vor allem an den technischen Mängeln, siehe Beitrag Adobe, so kann ich nicht arbeiten. Für Agenturen und professionelle Nutzer ist es natürlich ein Vorteil, immer die neuesten Versionen zur Auswahl zu haben. Und da sind die Kosten für die Software im Vergleich auch wenig relevant.

Wie relevant die Kosten für die Software sind, hängt von den Umständen ab

Adam Gretener bringt das wie folgt auf den Punkt:

Teuer? Ein fähiger Art Director kostet 10’000 pro Monat an Lohnkosten. Da sind die 100 Stutz Abo-Kosten im Monat völlig irrelevant.

Aber auch ausserhalb der Agenturen hat es seine Berechtigung, wie Salome Heiniger schreibt:

Als Studentin und gelernte Polygrafin ist ein Adobe-Abo zum vergünstigten Tarif verkraftbar. Da ich ziemlich viele Programme brauche (InDesign, PS, Illustrator, Bridge, Acrobat, Premiere) ist das Abo schlicht die beste Lösung.

Bringen die Affinity-Apps – wie ich behaupte – Adobe wirklich in Bedrängnis? Darüber gehen die Meinungen auseinander.  Richard Stretto findet, es gehe gar nicht um die Profis:

Ich glaube nicht, dass Profis (Definition: Leute, die mit diesen Anwendungen ihren Lebensunterhalt verdienen) auf die Affinity-Programme umsteigen werden. Ich glaube aber auch nicht, dass es Serif auf diese Zielgruppe abgesehen hat.

Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall: Affinity will Adobe konkurrenzieren – und auch wenn der Endsieg nicht gelingen sollte, dann ist das völlig egal. Denn im freien Markt geht es nicht darum, dass der eine den anderen verdrängt, sondern dass mehrere Anbieter Platz und die Konsumenten die Auswahl haben.

Und darum stelle ich mich in dieser Frage auf die Seite der Verfechter des freien Wettbewerbs – mit denen ich das Heu sonst nicht immer auf der gleichen Bühne habe…

«Der Wettbewerb spielt.»

Beitragsbild: Verkörpert dieses Wesen Adobe? Vielleicht, vielleicht nicht. (Das ist ein Screenshot einer der Beispieldateien von Affinity Designer).

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