Hansdampfinnen in der Podcastgasse

«Kafi am Freitag» wurde mir wegen der angeblich unschlagbar aufregenden Sexrubrik empfohlen. Doch auch wenn die ohne Zweifel ihre Qualitäten hat, empfehle ich diesen Schweizer Podcast an dieser Stelle aus anderen Gründen.

Ich habe unlängst einen Ausflug in die Gefilde der Sex-Podcasts unternommen und bin reichlich unbefriedigt zurückgekehrt. Daraufhin hat Kafi Freitag mir einen eindeutigen Vorschlag gemacht:

Hör besser unseren. Wir haben eine voll ehrliche, extrem aufregende Sexrubrik.

Kafi Freitag ist ihres Zeichens Schweizer Erfolgsbloggerin und Hansdampfin in diversen Gassen  (oder heisst es «Hänsinnendampf in diversen Gassen»?). Sie war auch schon bei mir im Nerdfunk, und zwar als der noch Digital hiess. Anno dozumal ging es zwar nur um vergleichsweise unheikle Themen, aber interessant war es trotzdem.

Und es kommt noch etwas dazu: Mir ist nämlich aufgefallen, dass ich hier Podcasts aus aller Welt bespreche, doch noch nie einheimisches Schaffen gewürdigt habe. Das hat auch damit zu tun, dass Podcasts aus der Schweiz ziemlichen Seltenheitswert haben. Warum das so ist, wäre ein anderes Thema – das wir dann vielleicht demnächst im Nerdfunk erörtern werden, wo wir einen Gast zu Besuch haben werden, der zu der raren Spezies der Schweizer Podcaster zählt.

Also, darum heute eine Empfehlung zu einem Schweizer Podcast, dem ihr eine Chance geben solltet. Kafi am Freitag heisst er und man kann ihn via Spotify hören. Oder (so, wie es Gott gewollt hat) als RSS-Feed in seinem Podcatcher abonnieren.

Es gibt nicht nur Kafi, sondern auch Sara

Ich nehme an, dass der Kafi im Titel sich auf das Getränk bezieht und nicht auf Frau Freitag – denn sie ist nur die eine Hälfte der Produktion. Die andere ist Sara Satir, die ebenfalls auf dem Gebiet des Coachings tätig ist.

Da liegt es nahe, dass es im Podcast um die menschlichen und allzu menschlichen Dinge geht. Falls ich das Konzept richtig verstanden habe, gibt es keine inhaltlichen Grenzen oder Vorgaben. Gesprochen wird, was die beiden Frauen erlebt haben und beschäftigt – womit sich «Kafi am Freitag» ohne Zweifel in die Kategorie der Laberpodcasts eingliedert.

Damit Laberpodcasts hörenswert sind, müssen drei Dinge erfüllt sein. Erstens müssen die Podcaster als Ensemble harmonieren. Zweitens müssen sie in ihrem Alltag ausreichend Dinge erleben, damit sie genügend Material für jede Sendung haben.

Ehrlich und direkt

Und drittens müssen sie ehrlich und direkt auf das reagieren, was sich aus dem Zusammenprall der einzelnen Erlebnisse und Erzählungen ergibt. Die Podcasterinnen und Podcaster müssen nicht unbedingt einen Seelenstriptease hinlegen (genauso wenig, wie man für den Sex-Podcast nackt sein muss). Aber es braucht die Hingabefähigkeit und den Mut, auch Schwächen und Widersprüche zu offenbaren. Wer sich in so einer Show nur von der besten Seite zeigen und sich als Darling in die Herzen der Zuhörer spielen will, wird als grösster Langweiler aller Zeiten enden.

… es sei denn, man ist Jan Böhmermann. Er macht ja auch einen Laberpodcast, aber ohne wirklich viel über sich preiszugeben. Er macht das wett, indem er abstruse Alter Egos erfindet und die redselig werden lässt. Das ist natürlich auch eine Methode – aber die braucht Talent und sehr viel subversive Fantasie.

Um Kopf und Kragen reden

Zurück zu Kafi Freitag. Wer sie ein paar Mal erlebt hat, dem ist klar, dass sie sich wenig darum schert, sich um Kopf und Kragen zu reden. Ich kenne sie nun nicht so gut, dass ich beurteilen könnte, wo die Grenzen liegen – denn gewisse Grenzen braucht jeder, der sich vor ein Mikrofon begibt. Aber ich sage ohne Zögern, dass sie ohne rot zu werden Dinge erzählt, die ich niemals über mich preisgeben würde.

… was, nebenbei, die Vorhersage ist, dass es leider niemals einen Laberpodcast mit mir geben wird. Eigentlich hätte ich Lust dazu. Aber erstens ist mein Alltag zu langweilig. Und zweitens steckt mir diese zwinglianische Zurückhaltung zu tief in den Knochen. Das habe während meiner Sozialisation zu oft gehört, um nun einfach so peinliche Dinge aus meinem Leben breitzutreten.

Mir gefällt an dem Podcast die Mischung aus Ernst und Humor und das Tempo, mit dem sich die beiden Podcasterinnen mal härtere und mal weichere, mal grössere und kleinere Bälle zuspielen. Ich würde mich nun nicht zur Zielgruppe des Podcasts zählen – was ein bisschen mit dem Geschlecht, ein geringfügig mit Temperamentsunterschieden zu tun hat. Doch man kann das zum Anlass nehmen, das Hörerlebnis nicht unter Identifikation, sondern unter Horizonterweiterung zu subsumieren.

Die passende Bühne

Jedenfalls bin ich überzeugt, dass für Kafi der Podcast eine wirklich gute Ausdrucksform ist – noch mehr als das Blog, weil Gesprochenes direkter und authentischer wirkt als Getextetes. Und auch mehr als ihre Videos im Auto, weil mich dort dieses Auto irgendwie irritiert. Was nun den Sex angeht … naja, der kommt vor. Aber ob ich den gut oder schlecht finde, werde ich hier nicht weiter ausführen. Von wegen Zwingli und so.

Noch eine Warnung: Als Einsteiger geht es euch vielleicht wie mir. Aber ich hatte und habe Mühe, die Stimme zu unterscheiden. Kafi hat mir dazu folgenden Tipp gegeben:

Es ist eigentlich ganz einfach, Sara Satir ist die mit dem Sprachfehler 😂😂😂, äh… mit dem rollenden R…. ich bin die ohne.

Ich als Techniknerd würde den Podcast etwas anders abmischen und die eine Stimme im Stereobild etwas nach links und die andere nach rechts verschieben. Und dann in einem Tech-Podcast eine Dreiviertelstunde lang darüber referieren. Aber das wird hier natürlich nicht passieren. Und das ist auch gut so.

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