Kommt jetzt der warme Geldregen für uns Blogger?

Die Schweizer Ver­wer­tungs­gesell­schaft für Ur­heber­rechte, Pro Litteris, ent­schä­digt neuer­dings auch Online-Werke – und auch als Blogger kann man sich regi­strie­ren. Aller­dings sind die tech­ni­schen Hürden hoch.

Wie kann man mit Bloggen stinkreich werden ein bisschen Geld verdienen? Diese Frage stelle ich mir immer mal wieder – einerseits aus egoistischen Interessen, andererseits natürlich, weil es eine wichtige Frage ist, wenn man das Internet verstehen will.

Also, es gibt mehrere mögliche Einnamequellen: erstens Werbung. Meine Erkenntnis dazu gibt es im Beitrag 3400 Franken in sechs Jahren. Zweitens die Affiliate-Links. Dazu habe ich mich in den Beiträgen Warum ich mit dem Amazon-Partnerprogramm experimentiere und Apple klaut mir mein Taschengeld ausgelassen. Und schliesslich kann man sich kaufen lassen. Für mich kommt das nicht infrage (Subtile und plumpe Vereinnahmungsversuche). Aber andere tun es.

Und nun scheint eine neue Einkommensmöglichkeit dazuzukommen. Die Verwertungsgesellschaft Pro Litteris entschädigt neuerdings auch Online-Werke. Wie hier beschrieben, findet die Verteilung erstmals 2019 statt. In den Erklärungen ist jeweils von Verlagen die Rede. Aber es spricht nichts dagegen, dass man sich auch als Blogger als Verlag betrachtet und seine Beiträge für die Verteilung anmeldet.

Die Bedingungen für Urheberrechtsentschädigungen

Ich habe darum einmal bei Pro Litteris nachgefragt und die Auskunft erhalten, dass folgende Bedingungen für die Verteilung gelten:

Man muss bei Pro Litteris registriert sein und die veröffentlichten Beiträge müssen über sogenannte Zählmarken registriert werden. Das bedeutet im Wesentlichen, dass die Anzahl Aufrufe gemessen wird.

Ausserdem sind folgende Punkte zu erfüllen:

  • Das Werk muss im Internet veröffentlicht sein.
  • Vorerst werden nur Texte (Bilder erst in einer späteren Phase) entschädigt.
  • Die Texte sind nicht kopiergeschützt (hartes DRM).
  • Text muss eine Mindestlänge von 2000 Zeichen aufweisen.
  • Der festgelegte Mindestzugriff (1000 Visits/ bei Bezahlschranke:  250 Visits in der Schweiz) muss erreicht werden.

Das zeigt, dass die Vergütung auf die grossen Verlage und nicht auf die kleinen Blogger ausgerichtet ist. Mein Blog erreicht zwar eine durchaus nennenswerte Einschaltquote. Das liegt aber vor allem daran, dass Kleinvieh auch Mist macht. Das heisst: Viele Beiträge, teils auch uralte, summieren sich auf. Was die einzelnen Blogposts angeht, kommen relativ wenige aufs Jahr gesehen über 1000 Views.

Vermutung: Es lohnt sich nicht

Das klingt daher so, als ob es sich für einen durchschnittlichen Blogger kaum lohnt, den Aufwand zu betreiben, sich als Verlag anzumelden und den Code für die Zählmarken zu installieren. Die Details dazu findet man übrigens im Dokument Integrationsbeschreibung für Verlage (PDF). Ich habe es überflogen: Die Umsetzung scheint mir nicht unmöglich, aber doch mit etwas Arbeit verbunden – zumal nirgends von einem fixfertiges WordPress-Plugin die Rede ist.

Ich habe bei Pro Litteris nachgefragt, ob sich, über den Daumen gepeilt, der Aufwand für mich lohnen würde oder eher nicht. Zugegeben, das ist eine nicht ganz einfache Frage. Erstens, weil es noch keine Erfahrungen mit den Online-Entschädigungen gibt. Zweitens, weil es im Auge des Betrachters liegt, wann sich eine Sache lohnt und wann nicht. Erwartet man ein Taschengeld oder einen Geldregen? Eine Prognose, in welcher Höhe sich die Entschädigung für ein Blog wie meines bewegen würde, hat Pro Litteris (verständlicherweise) nicht abgeben wollen.

Der technische Aufwand scheint gross

Fazit: Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich den Versuch wagen werde oder nicht. Das hängt davon ab, ob ich die Zeit für dieses Experiment aufbringen kann oder nicht. Falls ich es tue, werde ich natürlich über meine Erkenntnisse Bericht erstatten¹. Jedenfalls scheint der technische Aufwand für die Implementation gross zu sein.

Das Problem liegt darin, dass man nicht bloss eine Zählmarke registrieren, sondern auch mit dem Backend der Pro-Litteris-Software kommunizieren muss. Das übersteigt meine Fähigkeiten in der Softwareentwicklung. Und selbst wenn ich das könnte, wäre der Zeitaufwand mutmasslich beträchtlich. Das ist für mich ein klares Anzeichen, dass die Lösung nicht für kleine Blogger, sondern für grosse Medienhäuser ausgestaltet ist. Das betrachte ich als klaren Fehler im Konzept und als Indiz, dass hier immer noch in alten Kategorien gedacht wird.

Jedenfalls finde ich es schade, dass die Vergütung der Online-Werke auf Verlage ausgerichtet ist und die Blogger entweder ganz vergessen gingen oder einfach keine grosse Rolle gespielt haben. Ja, vielleicht muss man irgendwo eine Grenze ziehen, weil es sich administrativ nicht lohnt, den Leuten ein paar Rappen rüberzuschieben, die alle drei Monate mal einen Blogpost verfassen, der dann fünf Klicks hat.

Es würde die Position von Pro Litteris stärken, wenn auch die Blogger zum Zug kämen

Andererseits würde es die Position der Pro Litteris untermauern. Im Medientalk zum neuen EU-Urheberrechtsgesetz von SRF hat sich Mirjam Teitler mit Andreas von Gunten gefetzt. Teitler als Rechtskonsulentin des Verbands Schweizer Medien und Vorstandsmitglied von ProLitteris war für dieses Leistungsschutzrecht. Ich hätte sie als glaubwürdiger erlebt, wenn nicht nur für die grossen Verlage argumentiert hätte, sondern für jeden, der im Internet Inhalte anbietet.

Ich verstehe, dass die Verlage, anders als die Hobbyisten, echtes Geld verdienen müssen. Aber so ist das eben mit dem Internet – die Grenzen zwischen Profis und Amateuren verschwimmen, und man kann nicht arbiträr eine Grenze festlegen, wer nun Geld verdienen darf und wer nicht. Eine Lösung muss vom Grossteil der Teilnehmer mitgetragen werden. Darum sollte auch ein Grossteil partizipieren können.

Fussnoten

1) Ich habe die Implementation der Zählmarken und die Erfassung der Daten inzwischen für dieses Blog hier durchgespielt. Meinen Erfahrungsbericht findet ihr im Beitrag Angewandte Web-Automatisierung.

Beitragsbild:Quince Media/Pixabay, Pixabay-Lizenz

6 Kommentare zu «Kommt jetzt der warme Geldregen für uns Blogger?»

  1. Wenn man weiss, dass die Deutsche VG Wort für 1500 Deutsche Besucher pro Jahr aktuell 45 EUR bezahlt, dann ist tatsächlich die Frage, an wen sich Pro Litteris mit ihren monströsen Grenzen und der doch limitierten Vergütung überhaupt wendet. Sie haben zwar aktuell die Zahlen verändert (500 Besucher und 1500 Zeichen), haben aber immer noch eine vierfach höhere Vergütung für Bezahlschranken-Artikel. Wozu? Werden solche Artikel viermal häufiger gedruckt? Dieser Grossverlags-Kotau ist immens. Z.B. auch ersichtlich an der 50:50 Aufteilung*, die in Deutschland bereits seit Jahren vor Gericht verboten wurde. Und Achtung: TX group und Co werden demnächst staatsfinanzierte Bezahlschrankenboni erhalten, wenn man an der Urne nicht aufpasst. Wenn das durchkommt, dann hat Pro Litteris eh keine Legitimation mehr. Und nur so nebenbei: Ich finde es absurd, dass kein Politiker während der Pandemie auf die Idee kam, Medien und Autoren via die Pro Litteris zu unterstützen. Stattdessen soll eine Behörde entscheiden, wohin die Staatsmio fliessen. Also welche Inhalte förderungswürdig sind, OBWOHL die Pro Litteris bereits ein Zählpixel-System betreibt. Es ist so absurd, da stellt sich effektiv die Frage, ob dieser Verein einfach nur vor sich hindämmert oder ob denen tatsächlich verboten wurde, hier Verantwortung zu übernehmen.

    *gilt nicht für kleine Webseitenbetreiber/Autoren, die sich dann doppelt anmelden müssen (als „Verlag“ und als Autor).

  2. Hallo zusammen,

    wir sind die Entwickler einer der zwei relevanten WordPress-Plugins für die VG WORT in Deutschland. Die Systeme von VG WORT und Pro Litteris sind sehr ähnlich, da der selbe IT-Dienstleister verwendet wird. Wir würden unser Plugin gerne derart erweitern, dass auch Zählmarken von Pro Litteris verwaltet werden können und auch über unser kostenpflichtigen Zusatzdienst ganz einfach gemeldet werden können.

    Gegenwärtig fehlen uns aber noch Autoren und Verlage aus der Schweiz, die sowohl mit Pro Litteris einen Verwertungsvertrag haben als auch auf ihrer Webseite WordPress einsetzen. Sofern beides auf einen der Leser hier zutrifft oder Matthias jemanden kennt oder es selbst gerne ausprobieren und uns bei der Anpassung unseres Plugins helfen möchte freue ich mich über Antworten hier wie auch über das Kontakt-Formular auf unserer Webseite wp-worthy.de.

    Grüße vom Kaiserstuhl,

    Bernd

    1. Hallo Berd
      Danke! Ich würde das gern ausprobieren. Ich poste deinen Hinweis auch mal in die Facebook-Gruppe der Schweizer Blogger. Dort ist zwar nicht mehr sehr viel los, aber ich kann mir vorstellen, dass dein Hinweis auf Interesse stösst.

      1. Hallo Matthias,

        vielen Dank für Deine Antwort! Über Dein Interesse und das Weiterleiten freue ich mich sehr. Ich habe Dir auch soeben auf Deine E-Mail geantwortet.

        Grüße vom Kaiserstuhl,

        Bernd

        1. Hi Bernd

          Wir wären da sehr interessiert. Ich habe euch per Chat auch schon auf eurer Website kontaktiert, aber bis heute leider keine Reaktion erhalten. Wäre cool, wenn das klappen würde.

          LG

          Pascal

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