Auch Windows macht jetzt einen auf Nanny

Beim Mac gibt es Gatekeeper schon länger: Jetzt hält auch bei Microsofts Betriebssystem eine Funktion Einzug, die regelt, aus welchen Quellen man Software installieren kann.

Das letzte Windows-Update hat mir nicht nur eitle Freude bereitet. Und auch jetzt stürzt der Grafiktreiber bei jedem Start ab. Aber gut, mit solchen Nebenwirkungen hat man als Windows-Nutzer zu leben gelernt.

Heute soll es hier um eine andere Neuerung gehen, die mir am Mai-2019-Update von Windows 10 (auch bekannt als Version 1903) aufgefallen ist. Es gibt in den Einstellungen bei Apps in der Rubrik Apps & Features nämlich neu die Option Quellen für das Abrufen von Apps auswählen. Dort stehen vier Optionen zur Auswahl:

  • Überall
  • Überall – aber benachrichtigen, falls eine vergleichbare App im Microsoft Store verfügbar ist
  • Überall – aber vor der Installation einer App warnen, die nicht aus dem Microsoft Store stammt
  • Nur Microsoft Store (empfohlen)

Das ist bemerkenswert. Es entspricht in etwa der Situation, wie sie sich beim Mac schon seit längerem präsentiert. In den Systemeinstellungen gibt es dort bei Sicherheit im Reiter Allgemein den Abschnitt Apps-Downloads erlauben von mit den beiden Auswahlmöglichkeiten App-Store und App-Store und verifizierte Entwickler.

Neuerdings kann man bei Windows einstellen, woher man seine Software beziehen darf. Die empfohlene Einstellung erlaubt nur Downloads aus dem Microsoft Store.

Das Herunterladen von irgendwelchen Apps ist offiziell nicht mehr erlaubt. Man kann aber auch so genannt «nicht beurkundete» Apps ausführen, wenn Es erscheint dann eine Warnmeldung mit dem Hinweis, man versuche, «eine aus dem Internet geladene App zu öffnen». Wenn man dann todesmutig auf Öffnen klickt, wird die Anwendung dann trotzdem ausgeführt.

Wenn nur Software aus dem Store erlaubt ist, wird die Installation eines anderen Programms freundlich aber ohne Ausnahme unterbunden.

Nun zieht Windows also nach. Wenn man die Probe aufs Exempel macht, findet man heraus, dass Windows den Download einer ausführbaren Datei zwar erlaubt.

Der freundliche Installationsverhinderer

Wenn man mit der Option Nur Microsoft Store versucht, die Datei auszuführen, erscheint eine Warnung, die zwar einen freundlichen Mann zeigt, aber die Installation trotzdem abklemmt: «Die App, die Sie installieren möchten, ist keine von Microsoft geprüfte App», heisst es dann.

So sieht der Dialog aus, wenn man sich vor Nicht-Store-Apps warnen lassen will. Dann hat man den Knopf «Trotzdem installieren» zur Verfügung.

Die zweite Option will einen benachrichtigen, falls im Store eine vergleichbare App zu finden ist. Ich versuche es mit meinem Spiel Clickomania und erhalte keinen Hinweis. Offenbar ist Clickomania unvergleichlich, zumindest gemessen am Angebot des Microsoft Store.

Die dritte Option (warnen, falls nicht aus dem Microsoft Store) bringt eine Variante des Dialogs zum Vorschein. Es steht dann wiederum, dass man keine geprüfte App installieren wolle. Man erhält aber die Schaltfläche Trotzdem installieren.

Das ist eine widersprüchliche Neuerung. Einerseits erhöht es unzweifelhaft die Sicherheit, wenn unbedarfte Nutzer nicht irgendwelchen Softwaremüll auf die Festplatte ballern, den sie irgendwo im Netz gefunden haben. Wie sorgfältig Microsoft die Apps im Store prüft, ist eine andere Frage – aber ich würde tatsächlich davon ausgehen, dass dort keine Kryptotrojaner zu finden sind. Und falls doch, könnte man als Opfer es durchaus mit einer Schadenersatzklage gegen Microsoft probieren.

Das eingeschränkte Angebot

Andererseits schränkt es das Angebot an Software massiv ein, wenn man nur offizielle Bezugsquellen zur Verfügung hat. Wie verheerend das sein kann, hat der Fall von Huawei neulich vor Augen geführt: Da kann ein Mann wie Trump, der zufällig US-Präsident ist, Exportbeschränkungen für Software in Kraft setzen. Wenn die auch knallhart durchgezogen werden, hat das zur Folge, dass die offiziellen Bezugsquellen plötzlich nicht mehr zur Verfügung stehen.

Die Situation ist in der Tat abstrus: Denn auch wenn man als Europäer mit den Chinesen nichts am Hut hat, kann man von Trumps Telekom-Notstand betroffen sein. Es reicht dafür schon, dass man Hardware aus China verwendet, wenn die den Amis plötzlich nicht mehr genehm ist. Das dürfte zur Folge haben, dass bei Huawei-Telefonen die Google-Apps und -Dienste nicht mehr zur Verfügung stehen. Betroffen wäre auch der Play-Store – und die Bezugsquelle Nummer eins für Software. Wie ich in meinem Artikel für den Tagi (Abo plus) beschreibe, hat man bei Android immerhin die Möglichkeit, auf andere Stores und Bezugsquellen auszuweichen.

Ob die Situation bei Huawei-Laptops mit Windows gleich ist, scheint mir bislang noch nicht eindeutig geklärt. Es gibt aber eigentlich keinen vernünftigen Grund, weswegen das nicht so sein sollte. (Wenn man in diesem Zusammenhang von Vernunft sprechen will.) Das macht es klar, dass man auch als Windows-Anwender unbedingt die Möglichkeit haben muss, alternative Quellen für die Installation zu nutzen.

Eine Möglichkeit, die Sicherheit zu erhöhen

Fazit: Ich denke, es ist nicht verkehrt, wenn sich vorsichtige Nutzer vornehmlich mit Software aus dem Microsoft-Store versorgen. Wie gesagt: Das erhöht die Sicherheit und reduziert die Systemprobleme, vor allem, wenn es sich um UWP-Apps handelt. Die Universal Windows Platform schränkt die Möglichkeiten der Programme ein, was zuträglich für die Stabilität ist. Sie sind beispielsweise eingeschränkt, welche Hintergrundaktivitäten sie entfalten können. Und wenn eine UWP-App automatisch starten will, benötigt sie dafür die Zustimmung des Nutzers.

Es bleibt natürlich noch anzumerken, dass die UWP-Apps offenbar keine Zukunft haben: Microsoft Confirms UWP is Not the Future of Windows Apps, hat Paul Thurrott vor Kurzem geschrieben. Bei «The Verge» heisst es Microsoft’s Universal Windows Platform app dream is dead and buried. Auch klassische Win32-Anwendungen werden künftig in den Store zugelassen.

Das ist in meinen Augen eine gute Sache, vor allem, wenn Microsoft die Leute dazu bringen will, ihre Programme vornehmlich aus dem Microsoft Store zu beziehen. Denn das UWP-Angebot war einfach nicht ausreichend, nicht einmal ansatzweise. Für vernünftiges Computing unter Windows braucht es auch die klassischen Desktop-Programme, weil hier das Angebot über Jahrzehnte gewachsen und dementsprechend riesig ist.

Bleibt noch die Frage, wie einfach oder schwierig es ist, eine Anwendung in den Microsoft Store zu bekommen. Ich werde das bei Gelegenheit einmal ausprobieren.

Beitragsbild: Die Nanny (Alexas Fotos/Pixabay, Pixabay-Lizenz)

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