Sex-Podcasts: Ein Prickeln in den Ohren?

Podcasts über intime Angelegenheiten sind angeblich der heisse Scheiss. Doch ein Selbstversuch mit «Besser als Sex», «Oh, Baby!» und «Sex Nerd Sandra» lässt mich so frustriert zurück, dass ich mich nach Olli Schulzens Pimmelwitzen sehne…

Die beiden gelegentlich Pimmelwitze erzählenden Podcaster Böhmermann und Schulz (Fest und flauschig, siehe auch hier, hier und hier) haben neulich einen gewissen Neid auf das offenbar aufstrebende Genre der Sex-Podcasts erkennen lassen. Ich glaube, es war in der Folge Leipziger Einerlei.

Bei der Gelegenheit ist mir eingefallen, dass mein Leistungsauftrag als Blogger es mir gebietet, diesem Phänomen auf den Grund zu gehen. Ungeachtet persönlicher Opfer gilt es die Frage zu klären: Sind Sex-Podcasts ein Ding?

Geht man unvoreingenommen (und unbelastet von tatsächlichen Hör-Erlebnissen) an die Sache heran, kommt man zum Schluss, dass Sex-Podcasts ein tolles Ding sein müssen: Der Podcast ist ein intimes Medium, das eine so persönliche Beziehung zwischen Hörer und Macher entstehen lässt, wie das bei kaum einer anderen medialen Form der Fall ist. Der Podcast – und ich spreche hier vom Audio-Podcast, nicht von Videoproduktionen – ist optimal geeignet, das Kopfkino in Gang zu setzen.

Keine Gefahr, dass ein Porno draus wird

Und vor allem ist der Podcast davor gefeit, zum Porno auszuarten. Natürlich kann ein Sex-Podcast explizit sein. Wegen der Street cred muss er das wahrscheinlich sogar. Aber wenn man es nur einigermassen geschickt anstellt, dann ist es nicht so stereotyp wie ein Porno, nicht so reduziert auf den Zweck der Masturbationsvorlage, sondern menschlich, persönlich, originell – und was weiss ich noch alles. Auf die Fantasie und nicht die schnelle Befriedigung abzielend, sodass das Resultat ein langanhaltendes Prickeln und kein schneller Kick sein müsste.

Soweit die Theorie. Da ich mich schon in den Anfangszeiten der Podcasts – es muss irgendwann zwischen 2006 und 2012 gewesen sein – versucht habe, in die Materie einzuarbeiten, weiss ich, dass die Theorie in diesem Fall eher dazu tendiert, grau zu sein und grau zu bleiben. Ich habe damals  einen Podcast aus dem vereinigten Königreich mit zwei Frauen – der Name fällt mir ums Verrecken nicht mehr ein – gehört. Beziehungsweise versucht zu hören. Doch ich fühlte mich als Mann nicht dazugehörend. Nicht dass ständig über Männer geschnödet worden wäre. Aber der eigene Erfahrungshorizont ist halt doch ein anderer.

Fantasie und Realität gehen schlecht zusammen

Und da zeigt sich schon das erste Problem: Als heterosexueller Mann findet man die Konstellation mit zwei Frauen aufregend. Aber deren Perspektive ist eben nicht die eigene. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass man beim Zuhören häufiger desillusioniert wird: «Was, das finden Frauen gar nicht toll? Und ich dachte…»

Das wäre eventuell lehrreich, aber solche Lektionen erfüllen die Erwartungen an den Prickelfaktor natürlich nicht. Aus diesem Grund gibt es viele Pärchen-Konstellationen bei den Podcasts. Aber die driften leicht ins Voyeuristische ab – entweder gibt mehr Persönliches zu hören, als man hören will. Oder es bleibt im Spekulativen.

Fazit: In einem Podcast über Sex zu sprechen, ist vielleicht ein µ origineller, als sich auf Apple zu stürzen. Es verspricht gute Einschaltquoten. Aber die Fallhöhe ist riesig.

Pseudo-Intimität und Dampfgeplaudere

Und einige zufällige Stichproben zeigen, dass man viel Pseudo-Intimität und noch mehr von dem Dampfgeplaudere antrifft, das einen schon bei den normalen Podcasts auf den Wecker geht: Da kommen die Leute noch weniger auf den (G-)Punkt als sonst. Mit anderen Worten: Es ist leichter, auf einen guten Tech-Podcast als auf überzeugendes Bettgeflüster zu stossen.

  • «Besser als Sex» ist angeblich der erfolgreichste Vertreter des Genres im deutschsprachigen Bereich. Wieso ist mir schleierhaft. Es wird ausgiebig gehustet und mehr über Hunde denn über Geschlechtliches gesprochen. Es gibt auch viel Gejammer, und wenn die Rede dann auf Brüste kommt, dann erfährt man als Mann, dass die eigentlich ständig schmerzend geschwollen ist. Wer will das hören?
  • «Oh, Baby!». Nach etwa drei Minuten bezeichnet sich die Frau in diesem Podcast als «Podcast-Mutti». Da ist die Stimmung flöten.
  • «Sex Nerd Sandra» klingt für uns Nerds nach einer perfekten Kombination. Doch man braucht nur wenige Minuten zuzuhören, bis man zum Schluss kommt, dass die kopflastige Herangehensweise eines Nerds bei dem Thema nicht spannend ist. Oder kann sich jemand Sheldon Cooper als Chippendale vorstellen? Eben.

Ach ja, und hier noch was zum Thema Pimmelwitze!

(Falls die Einbettung nicht erscheint: Sie ist hier vorzufinden.)

Beitragsbild: Schön wärs! (Bruno Gomiero, Unsplash-Lizenz)

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