Etwas Kulanz, VTX?

Mein Hosting-Anbieter hat trotz bald zwanzigjähriger Kundentreue keine Lust, mir etwas anderes zu bieten als herzlose Bürokratie.

Ich bekunde gewisse Mühe, Kündigungsfristen einzuhalten – was schon früher Anlass zu Kummer gab. Neulich ist es mir wieder passiert. Ich habe es verpasst, rechtzeitig ein ausgedrucktes und unterschriebenes Dokument auf den Weg zu bringen, das anzeigt, dass ich nach meinem Wechsel zu Hostpoint die Dienste meines Hosters VTX nicht mehr in Anspruch zu nehmen gedenke.

Ich habe um Kulanz gebeten, zumal ich fast zwanzig Jahre Kunde war und meine Rechnungen immer bezahlt habe. Was allein genügend Grund für ein Entgegenkommen sein sollte, wie ich finde. Zufriedenen Kunden sind gemäss VTX-CEO Yves Pitton zwar seit dreissig Jahren das Anliegen des Telekom- und Hosting-Unternehmens. Trotzdem hat man mir bis jetzt kein Entgegenkommen signalisiert. Ich hoffe, dass sich das noch ändern wird, und ich nicht wegen ein paar verpasster Tage eine ganze Jahresrechnung bezahlen muss. Wenn das so sein sollte, werde ich das hier sehr gerne wohlwollend vermerken. Das ist aber leider nur ein schales Lippenbekenntnis – siehe Follow-Up zu dieser Geschichte: VTX: Schwacher Support, noch schwächerer Kundendienst.

Ob man einvernehmlich oder mit bürokratischer Prinzipienreiterei auseinandergeht, prägt natürlich auch das Bild, das man von einem Unternehmen hat (und das ich als Blogger hier wiedergebe).

Prinzipienreiter vor dem Herrn

Natürlich kann man sich als Unternehmen darauf versteifen, dass Vereinbarungen gelten und Verträge einzuhalten sind. Immerhin verdient man so noch etwas mehr Geld, auch wenn der ehemalige Kunde vielleicht sauer ist. Doch Geldverdienen ist das oberste Ziel jedes Unternehmens, selbst wenn man auf der eigenen Homepage «Kundenzufriedenheit» postuliert. Und eben: Der Kunde ist zum Exkunden mutiert – weswegen es einem komplett egal sein kann, ob er nun sauer ist oder nicht.

Könnte man zumindest meinen. Ich halte es halt für sympathisch, wenn sich ein Unternehmen auch dann als entgegenkommend erweist, wenn das keinen unmittelbaren Vorteil verspricht: Es zeigt, dass hinter der Freundlichkeit, die man vorher an den Tag gelegt hat, eben nicht bloss Berechnung und Geschäftsinteressen stehen. Und ganz kluge Unternehmer werden vielleicht sogar die Überlegung anstellen, dass ein freundlich behandelter Exkunde eher zurückkommt oder sich positiv äussert als einer, der gerade belehrt wurde, dass Kulanz in den Geschäftsbedingungen leider nicht vorgesehen ist.

Braucht es diesen Kündigungstermin überhaupt?

Kommen wir aber zum eigentlichen Punkt: Kündigungsfristen und Kündigungstermine. Ich verstehe, dass die unter Umständen sinnvoll sind. Ein Arbeitgeber braucht natürlich eine Zeit, um einen geeigneten Arbeitnehmer für eine Stelle zu finden. Ebenso ein Vermieter für die Suche nach einem Nachmieter. Auch für manche Dienstleistungen kann es einleuchtend sein, dass es sich für den Anbieter nicht lohnt, seine Dienstleistung nur für eine sehr kurze Frist anzubieten und dass darum eine Mindestdauer notwendig ist.

Bei VTX schliesst man seinen Hosting-Vertrag für ein Jahr ab. Das impliziert, dass es schwieriger ist, ein Hosting-Verhältnis aufzulösen als ein Miet- oder Arbeitsverhältnis. Ist das nicht reichlich übertrieben bzw. komplett unbegründet? Ich weiss nicht, wie viel Aufwand es beim Hoster macht, ein solches Hosting einzurichten. Aber kann der so gross sein? Man muss noch nicht einmal meine Adress- und Rechnungsdaten erfassen, da ich das bei der elektronischen Anmeldung als Kunde selbst tue.

Natürlich, man braucht ausreichend Infrastruktur. Darum wäre es sicher schwierig, wenn sehr viele Kunden ihre Websites nur sehr kurzfristig betreiben würden und es ständig Wechsel gäbe. Da ein Hosting-Wechsel für den Kunden einen beträchtlichen Aufwand darstellt, glaube ich allerdings nicht, dass ein solches Verhalten an der Tagesordnung ist.

Eine monatliche Kündigung wäre kaum der Ruin fürs Unternehmen

Ich kann mir nicht vorstellen, dass der durchschnittliche Hosting-Kunde derartig treulos ist, dass man als Dienstleister gezwungen ist, seine Dienstleistung lediglich in Zwölf-Monates-Tranchen anzubieten. Und wie zuvor erwähnt: Ich bin seit dem 7. Mai 1999 Kunde da.

Daher gehören diese langen Kündigungsfristen in den Bereich, wo sich Unternehmen eben nicht partnerschaftlich verhalten. Ich will nun nicht sagen, dass ein expliziter Machtmissbrauch vorliegt, da man als Kunde nicht gezwungen wird, einen Vertrag zu unterschreiben. Aber es ist ein Zeichen der ungleichen Machtverhältnisse, dass man diese Möglichkeit ausnutzt, den Kunden deutlich länger zahlen zu lassen, als der eigentlich wollte.

Man legt es darauf an, Kunden länger zahlen zu lassen

Es gibt gewisse Anzeichen, die vermuten lassen, dass man es bei VTX explizit darauf anlegt, Kunden länger zahlen zu lassen, als die eigentlich wollten. Man muss nämlich Vertragsende und Kündigungsfrist gleichzeitig berücksichtigen. Der Support hat mich wie folgt aufgeklärt:

Sie können Ihren Vertrag jeweils per Vertragsende am 31.12. schriftlich mit Unterschrift und Angabe des Kündigungsgrundes unter Einhaltung der einmonatigen Kündigungsfrist, kündigen.

Dies bedeutet, dass Ihre Kündigung spätestens am 30.11. bei uns eintreffen muss.

Typischerweise wird es so sein, dass die Rechnung fürs kommende Jahr für viele Kunden der Anlass ist, darüber nachzudenken, ob man das Hosting auch verlängern will und muss. Doch mit der einmonatigen Kündigungsfrist trifft diese Rechnung, die mit Januar datiert ist und erst am 15. Januar beglichen werden muss, so knapp ein, dass man dann sofort reagieren müsste oder schon zu spät dran ist. Darum drängt sich der Verdacht auf, dass diese einmonatige Kündigungsfrist vor allem dazu da ist, dass Leute den Kündigungstermin verpassen.

(Und wenn man keinen Kündigungsgrund angibt – ist die Kündigung dann unwirksam?)

Solche Tricks haben nur Unternehmen nötig, die Kunden nicht mit ihrem Service halten können

Fazit: Solche Tricks haben nur Unternehmen nötig, die zu wenig Vertrauen in die Qualität der eigenen Dienstleistung haben.

Und falls ich nichts mehr von VTX hören sollte, gibt es bei meinen Leserinnen und Leser sicher ein paar nette Vorschläge, was ich mit diesem eigentlich überflüssigen Hosting denn schönes anstellen könnte. Es versteht sich von selbst, dass ordentlich Last auf dem Server eine willkommene Nebenwirkung solcher Experimente wäre. Gibt es einen schönen Bitcoin-Miner, der z.B. mit PHP auf einem Webserver läuft?

Beitragsbild: Mein Sachbearbeiter bei VTX, nachdem er gehört hat, dass ich kündigen möchte. (Inzmam Khan/Pexels, CC0)

3 Kommentare zu «Etwas Kulanz, VTX?»

  1. Als jemand, der bei einem Hoster gearbeitet hat, kann ich bestätigen, dass sich Kulanz auch finanziell auszahlt. Wir hatten mehrmals Fälle, wo ein Kunde später zurückgekehrt ist. Manchmal auch mit einer anderen Firma, weil er den Arbeitgeber gewechselt hat. Extremfall: Verein löst sich auf, wir sind kulant. Aktuar des Vereins wird IT-Leiter einer Firma und bringt einige Abos.

    Bei Standard-Webhostings läuft eigentlich alles automatisch. Es ist da nicht so, dass der Lehrling mal kurz einen Server installieren muss für jedes Hosting. Deshalb sind auch ausserterminliche Kündigungen kein Problem. Anders sieht es natürlich bei grösseren Dienstleistungen wie virtuellen oder physischen Servern aus. Da kalkuliert man schon über eine gewisse Zeit und als kleinere Firma kann man einen extra für einen Kunden beschafften Mietserver auch nicht sofort wieder jemand anderem vermieten, nur weil der erste Kunde nach zwei Monaten keine Lust mehr hat.

    Grundsätzlich kann man aber schon kulant sein. Wo sonst bekommt man das Geld ein Jahr zum Voraus?

  2. Ich frage mich sowieso bei vielen Arten von Dienstleistungen in der Masse von Einzelkunden/Privatkunden (z.B. auch Telefonnabonnemente), warum es einerseits eine Kündigungsfrist braucht und andererseits die Verfahren aufwändig sein müssen. Es braucht wie in diesem Fall kaum Nachbearbeitung oder irgendeinen Zusatzaufwand, den Kunden springen zu lassen. Bestenfalls muss auch im Interesse der Kunden sichergestellt sein, dass die Kündigung wirklich im Willen des Kündigenden erfolgt. Ich freue mich immer wieder, wenn Kündigungen akzeptiert sind, aber der Form halber nachträglich noch Formulare ausgefüllt werden müssen (geschehen bei einer Telekom-Firma und bei einer Versicherung). Und wie wichtig muss ein Vertrag sein, dass dessen Kündigung auch noch ‚Eingeschrieben‘ erfordert?

    1. Absolut! Bestellung: kein Problem per Telefon oder E-Mail. Kündigung: eingeschrieben, auf Pergamentpapier, mit Wachs versiegelt, zugestellt bei Vollmond…

      Ganz witzig ist auch, wenn Kündigungen per E-Mail nicht angenommen werden, weil „E-Mails ja nicht immer ankommen“, man dann aber eine Antwort erhält, per Brief zu kündigen. Wobei die Antwort ja den E-Mail bestätigt hat. m(

      Vielleicht noch als Hinweis an Matthias: bei meinem ehemaligen Arbeitgeber haben wir nicht mal diejenigen betrieben, die ohne Kündigung ihre Rechnung nicht mehr bezahlt haben. Mahnung, Abo deaktiviert, fertig. Betreibungen sind zu viel Aufwand für die paar Fränkli. (Ob es VTX auch so handhabt, kann ich aber natürlich nicht sagen.)

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