Die App fürs perfekte Alibi

Die Geofency-App zeichnet auf, wo man sich wann, wie oft und wie lange aufhält. Das ist eine sinn­volle Hilfe bei der Arbeits­zeit­er­fas­sung und um zu bewei­sen, dass man den Mord nicht b­gangen haben kann.

Ich habe hier beschrieben, wie Ifttt automatisch Ankunft an, bzw. Aufbruch von einem bestimmten Ort in eine Google-Docs-Tabelle einträgt. Damit kann man seine Neugierde befriedigen oder eine rudimentäre Arbeitszeiterfassung einrichten.

Die Kartenansicht links, die Historie rechts. (Nein, ich gehe nicht so oft einkaufen. Erfasst werden hier auch die Passagen auf dem Hinweg zur und dem Heimweg von der Arbeit. Und sicher war ich nicht 17 Stunden am Stück in der Migros.)

Aber es geht auch luxuriöser, nämlich mit Geofency (drei Franken für iPhone und Apple Watch). Diese App erfasst die Präsenz an Orten, die man als überwacht definiert oder an denen man sich häufig aufhält. Und sie tut das, ohne dass man sich irgendwie ein- oder austragen müsste.

Das erlaubt es einem einerseits nachzuvollziehen, wann man wo war. Ich stelle mir das ganz praktisch vor, wenn man plötzlich auf den Polizeiposten zitiert wird und dort zwecks Alibi Auskunft geben sollte, was man an dem Samstagnachmittag vor drei Monaten um 14:18 Uhr genau getrieben hat. Falls man dann nicht gerade wirklich ein Schwerverbrechen begangen hat, wird es unter Umständen schwierig sein, das überhaupt zu rekonstruieren.

Sehen, wann man lang genug im Büro war

Andererseits zeigt einem die App, wann man die vorgesehene Arbeitszeit abgehockt hat und ohne schlechtes Gewissen und Rechtfertigungsdruck gegenüber Chef und Kollegen nach Hause gehen darf. Es gibt zu jedem erfassten Ort eine Historie, in der man alle Aufenthalte, plus die Summe der Präsenzzeit für Tage, Wochen und Monate sieht. Und man hat auch eine Kartenansicht zur Verfügung, auf der die Stätten des eigenen Wirkens fein säuberlich eingetragen sind.

Schliesslich gibt es die Zeitleiste: Wenn man das Handy quer hält, erscheinen auf der horizontalen Achse die Tage, auf der vertikalen die Orte. Da sind dann auch deutliche Muster erkennbar, wenigstens bei Leuten, die einen einigermassen geregelten Arbeitsablauf haben.

Links die häufigen, rechts die überwachten Orte.

Die App unterscheidet zwischen häufigen Orten und überwachten Orten. Die häufigen Orte werden von der App automatisch angelegt und benannt. Die Präsenz wird über die Ortungsdienste des Telefons erfasst. Man kann den Namen manuell korrigieren, wenn er nichtssagend ist oder den falschen Point of Interest enthält. Diese Orte sind für allgemeine Dokumentationszwecke aufschlussreich, doch man möchte sie nicht unbedingt in der Zeitleiste zu sehen bekommen.

Die Hotspots im Blick

Die überwachten Orte sind diejenigen, an denen man besonders interessiert ist, also typischerweise der Arbeitsplatz oder auch das Zuhause. Eventuell auch das Fitnesscenter, wenn man beweisen will, dass man tatsächlich nicht nur alle vier Monate einmal einen Smoothie an der Bar nimmt. Ein überwachter Ort kann nicht nur via Ortungsdienste, sondern auch über einen iBeacon getrackt werden. Das sind Bluetooth-Signalgeber, die eine viel genauere Lokalisierung ermöglichen. Ich habe es nicht ausprobiert, aber ich nehme an, dass man via iBeacon nicht nur die Präsenz am Arbeitszeit, sondern im Büro erfassen könnte.

Es gibt für beide Typen gewisse Funktionen, die man über das Menü rechts (die drei Punkte) aktiviert: Man kann (wie erwähnt) den Namen anpassen, einen Ort auf der Karte (Google Maps oder Apple Maps) lokalisieren, Mitteilungen für ihn einschalten, das Monitoring stoppen, die Anwesenheiten in den Kalender übertragen oder einen Ort als Kontakt anlegen.

Die App sagt, wenn es Zeit für den Aufbruch ist

Zwei Funktionen sind besonders erwähnenswert:

Erstens die Einstellungen: Dort vergibt man die Erinnerung ans Zeitkontingent: Man erhält dann z.B. nach acht Stunden den Hinweis, dass das Soll erfüllt ist. Neben meiner saloppen Bemerkung oben, man würde so nicht negativ als Faulenzer auffallen, kann man die Funktion auch zur Verhinderung von allzu vielen Überstunden einsetzen.

Der Zeitstrahl deckt Bewegungs- bzw. Aufenthaltsmuster schonungslos auf.

Damit die Abrechnung möglichst korrekt erfolgt, gibt es Korrekturmöglichkeiten für die Präsenzzeit: Man kann als Pausenzeit die Dauer abziehen, die fürs Mittagessen etc. draufgeht. Bei Aufenthaltszeitkorrektur darf man eine gewisse Zeit draufgeben oder abziehen. Wozu das gut sein könnte, ist mir nicht ganz geworden. Sinnvoll könnte das sein, wenn man sich nach der Arbeit an seinem Arbeitsplatz noch umziehen will, diese Aktion aber nicht auf die Arbeitszeit geht. Und man kann die Zeiten runden lassen, zum Beispiel wenn die Arbeitszeit in Viertelstunden abgerechnet wird.

Schnittstelle zur Heimautomatisierung

Zweitens der Webhook. Er löst bei Ankunft oder Aufbruch eine Aktion aus, die man an einen Webdienst weitergeben kann. Man kann auf diese Weise weitere Systeme anbinden, zum Beispiel ein Heimautomatisierungssystem. Wahrscheinlich könnte man auch ein kleines PHP-Script basteln, dass beispielsweise auf einer Website anzeigt, wenn man an seinem Arbeitsplatz sitzt und für Kunden, Verehrer oder sonstige Leute erreichbar ist. Aber um die Möglichkeiten einzuschätzen, würde es helfen, wenn das Feature auf der Website des Herstellers in irgend einer Weise dokumentiert wäre.

Und wo ich bei der Kritik bin: Ich finde es seltsam, dass das Menü zur Konfiguration der Orte in der Optik des Teilen-Menüs von iOS daherkommt. Ein Konfigurationsmenü hat IMHO nichts mit Sharing zu tun, sollte daher auch nicht so aussehen.

Links: Bei den überwachten Orten stehen einige Extra-Funktionen zur Verfügung. Rechts: Man kann Ankunfts- und Aufbruchszeiten automatisch an einen Webdienst übergeben lassen.

Bei einer solchen App liegen einem sofort zwei Fragen auf der Zunge:

Die eine bezieht sich auf die Privatsphäre: Wie gut ist dieses Bewegungsprotokoll geschützt? Denn das gehört mit zu den sensibelsten Informationen, die ein Smartphone sammeln kann.

Die Daten wandern in keine Cloud

Die liegen gemäss des Herstellers nur auf dem Gerät und nicht in irgend einem Webdienst. Selbst kann man sie (in der Historie eines Ortes) exportieren. Man hat dort die Möglichkeit, alle Orte oder nur den gewählten Ort auszuwählen. Als Format stehen Text und CSV zur Verfügung. Die Comma-separated values können in eine Tabellenkalkulation wie Excel oder Google Numbers oder in eine Datenbank übernommen werden.

Die andere Frage bezieht sich auf den Energieverbrauch: Solche Geo-Apps neigen dazu, den Akku massiv zu belasten. Das war bei der früher heiss geliebten, aber längst ausgemusterten Moves-App der Fall. Geofency sagt allerdings, das sei nicht so:

Durch die kontinuierliche Nutzung von GPS im Hintergrund kann die Akkulaufzeit erheblich reduziert werden. Geofency wurde deshalb so entwickelt, dass GPS nie im Hintergrund eingesetzt wird. Die App baut primär auf eine extrem energieeffiziente Ortung durch Mobilfunkmasten und WLAN-Stationen auf.

Das deckt sich mit meiner Erfahrung. Ich nutze die App nun schon seit einigen Wochen und habe keinen merklichen Rückgang der Akkulaufzeit festgestellt. Das iPhone gibt den Verbrauch von Geofency mit zwei Prozent an. Das ist allemal verkraftbar!

Fazit: Die Bedienung ist gewöhnungsbedürftig und die Optik karg. Abgesehen davon handelt es sich bei Geofency um eine solide, praktische App, die beim Zeitmanagement gute Dienste leistet und aufschlussreiche Einsichten erlaubt. Und wie zuvor erwähnt: Vielleicht kann man sie mal für ein Alibi brauchen.

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