Winzig kleine Podcastmacher

Einer der trandi­tions­reichsten Laber­pod­casts im deutsch­spra­chigen Raum ist «Mikro­dilet­tanten» mit Nicolas Semak, Phil Schmidt und Gero Langisch. Oft interessant, man­chmal (und in letzter Zeit immer öfter auch nervig), weil gar keine Ge­sprächs­füh­rung zu wenig ist.

Ich habe neulich im SRF-Medientalk den feinen Herrn Semak gehört, der sich dort sehr seriös gab, als er über sein Podcastlabel Viertausendhertz.de sprach. Ich wusste schon aus dem Podcast Elementarfragen – den ich vor Urzeiten im Tagi vorgestellt hatte und der jetzt nach einer mehrjährigen Pause wieder an den Start ging, unter anderem mit einer Folge mit Sascha Lobo – dass der feine Herr Semak seriös kann.

Die feinen Herren Langisch, Semak und Schmidt.

Doch man würde ihm keine Gerechtigkeit widerfahren lassen, wenn man nicht auch seine unseriöse Seite beschreiben würde. Die lebt er mit zwei anderen Herren, Gero Langisch und Phil Schmidt, im Podcast Mikrodilettanten aus. Das ist ein sympathischer Laberpodcast. Ich weiss nicht genau, wer diese Genrebezeichnung geprägt hat. Sie ist jedenfalls sehr passend für jene Sorte der Podcasts, in denen zwei oder mehr Leute thematisch offen und ohne Gesprächsführung plaudern. Man kann sich das wie ein Gespräch unter Freunden vorstellen, von dem man Ohrenzeuge wird. Das ist sehr unterhaltsam und auch leicht voyeuristisch. Respektive auditeuristisch, da man ja nur mit den Ohren bei einer Runde mit dabei ist, zu der man nicht explizit eingeladen wurde.

Gute Laberpodcasts leben davon, dass die Macher den Zuhörer zwischendurch vergessen und so auch für den Zuhörer die Künstlichkeit der medialen Situation in den Hintergrund tritt. So wird aus dem Podcast als (kleines) Massenmedium eine intime Veranstaltung. Wie ein Abend mit Freunden, aber ohne die anstregende Seite einer sozialen Verpflichtung.

Die Einseitigkeit dieser Beziehung

Natürlich bleibt die Sache einseitig: Denn während man als Hörer die Macher besser kennenlernt, als es denen unter Umständen klar ist, bleibt der Zuhörer für die Labernden ein grosser Unbekannter. Darum werden sie gelegentlich zu Geburtstagspartys oder auch nur zum Abhängen eingeladen, wie Olli Schulz in «Fest und Flauschig» (Die Plattformisierung der Podcasts) bekannt hat. Das stelle ich mir seltsam vor – und auch ich habe von meinen Hörern schon Reaktionen erhalten, bei denen ich mir genau das in Erinnerung rufen musste: «Die kennen dich viel besser als du sie.»

Was nun «Mikrodilettanten» angeht, fand und finde ich den Namen missverständlich. Sind das jetzt drei kleinwüchsige Männer, die ihr körperliches Defizit therapieren, und zwar auf unzulängliche Art und Weise? Wohl nicht, denn zumindest Nicolas Semak klingt nach mindestens 1,80 Meter. Nein, der Name ist, so mutmasse ich, kurz für «Mikrofon-Dilettanten». Da wird der alte Trick des Tiefstapelns verwendet – denn bei dem Namen kann sich hinterher keiner über mangelnde Qualität beklagen. Man kann ihn auch auf eine dritte Art interpretieren: Sie sind zwar Dilettanten, aber nur kleine – alles halb so schlimm also.

Jedenfalls zeigt diese seit 2010 laufende Veranstaltung mehrere Dinge über das Genre des Laberpodcasts: Ein guter Laberpodcast lebt von der Chemie. Ob die Leute harmonieren oder ihre Gegensätzlichkeit pflegen, ist völlig egal. Es ist aber wichtig, dass sie in der Lage sind, ein gemeinsames Narrativ¹ zu spinnen. Das spielt bei «Mikrodilettanten» recht gut, nur wenn Nicolas Semak versucht, sich als Gesprächsleiter zu produzieren, dann wird es etwas unangenehm. Dann hört er sich zu sehr nach Boss an, der seine Untergebenen zur Ordnung ruft.

Ein bisschen Tiefgang schadet nicht

Ein guter Laberpodcast ist vorwiegend Unterhaltung – mit dem Hang zum Pennälerhumor –, doch ein bisschen echte Information schadet nicht. Es braucht thematisch einen gewissen Tiefgang, und da mag ich Phil Schmidt mit seinen absurden Info-Tidbits. Gero Langisch hat irgendwas mit Musik zu tun und bringt aus dieser Ecke interessante Dinge ein. Und er kennt das Leben in der DDR, was für eine Runde wie diese eine Bereicherung ist.

Und drittens ist ein Laberpodcast manchmal auch unbefriedigend: Themen werden oft angerissen, aber nicht zu Ende diskutiert, weil es keine Gesprächsleitung gibt. So kann es passieren, dass man nach einer langen Show sehr viele offene Fäden in der Hand hält. Manchen Hörern ist das egal. Den kleinen Pedanten in mir (Mikropedant, klingt fast wie Mikropenis, haha) ärgert das gelegentlich etwas.

Ein guter Platz drei

Übrigens auch beim dritten Laberpodcast, der an dieser Stelle nebst «Fest und Flauschig» noch erwähnt werden will, spielen diese Stärken: Das ist NSFW mit Tim Pritlove und Holger Klein. Dieser Podcast, hier als «Gegenteil einer Expertenrunde» beschrieben, war in seiner Hochphase die Referenz des deutschsprachigen Laberpodcasts, musste diese Rolle inzwischen aber an «Fest und Flauschig» abgeben. Die «Mikrodilettanten» rangieren auf einem guten Platz drei.

Fussnoten

1) Ein Wort, das ich nicht mag, aber das hier halt gut passt.

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