Adobe braucht Gegenwind

Pixel Bender, eines der spannendsten Experimantalprojekte von Adobe, wurde sang- und klanglos eingestellt. Daran zeigt sich, wie problematisch es ist, wenn ein Softwaregingant die ganze Branche dominiert: Es ist zum Nachteil der Kunden und der Innovation.

Pixel Bender mit dem grossartigen Droste-Effekt – mal oral…

Neulich habe ich Adobe gelobt. Da ist es nichts wie angebracht, Adobe nun harsch zu kritisieren. Nicht wegen Flash, nicht wegen der von manchen gehassten Cloud-Strategie, nicht wegen des überheblichen Gebahrens (Stichwort DPS) – obwohl das alles gute Gründe wären.

Nein, weswegen ich mich hier über Adobe ärgere, ist das Ende von Pixel Bender. Das war eine klevere Software, bei der man mittels Programmierung eigene Bildalgorithmen bauen konnte (ähnlich wie Structure Synth). Ob man nun Bilder aus dem Nichts erschaffen oder tolle Filter für Photoshop, After Effects oder, ja, sogar Flash entwickeln wollte, hatte man hier ein leistungsfähiges Werkzeug in der Hand, das bei mir definitiv in die Kategorie Wenn ich einmal Zeit habe gehört.

Warum ist es so still geworden um Pixel Bender?

Neulich wollte ich also mal herausfinden, warum es um diese tolle Software so still geworden ist – um herauszufinden, dass Adobe sie schon vor Urzeiten in die Tonne geklopft hat:

We’ll have a full explanation up soon, but the short answer is that it took a very (surprisingly) large amount of engineering resources to maintain the Pixel Bender infrastructure. We have limited engineering resources. We found that we could do a lot more good by spending those resources on other features. (Quelle: forums.adobe.com)

(Die full explanation habe ich nicht gefunden.) Klar, ein Programm wie Pixel Bender ist sehr nischig. Der typische Adobe-Kunde wird sich damit nicht herumschlagen wollen. Aber es gibt halt auch in dem Bereich die Nerds, die tolle Sachen damit anstellen. Mit einem hatte ich neulich zu tun; er hat mir nämlich auf meinen Artikel zur Computational Photography eine Antwort mit vielen netten weiteren Anwendungsmöglichkeiten zukommen lassen und dabei auch auf seine eigene Website verwiesen.

… und mal ophthalmisch. (Original: My eye von Dan Foy/Flickr.com, CC BY 2.0)

Ach ja, bevor ihr fragt: Seine anderen Tipps bezogen sich auf die grossartige Slit-Scan-Technologie mit diesem und diesem Beispiel, die Ultraviolett-Fluoreszenzfotografie (auch hier gibt es ein Beispiel) und die Kirlianfotografie (ein Beispiel dazu).

Adobe ist ein schwerfälliges Unternehmen geworden

Zurück zum Thema. Natürlich müssen grosse Konzerne ihre Kräfte bündeln. Andererseits sind es eben die innovativen Unternehmen, die sich solche Garagenprojekte leisten. Warum hat Adobe keine Garage, so wie Microsoft? Weil Adobe inzwischen ein schwerfälliges Unternehmen geworden ist, das sich mit seinem Quasi-Monopol beim Layout (InDesign) und der Bildbearbeitung (Photoshop) etwas zu wohlfühlt. Adobe erinnert mich an Microsoft vor 10 Jahren – als der Internet Explorer noch das Mass aller Dinge war, der PC allgegenwärtig und Windows XP unvermeidlich.

Darum ist zu hoffen, dass die Alternativen – Scribus, Gimp, Pixelmator, Affinity Designer, Affinity Photo, PagePlus und wie sie alle heissen, noch etwas Auftrieb erhalten. Nicht, weil das Adobe schaden würde – sondern ganz im Gegenteil.

2 Kommentare zu «Adobe braucht Gegenwind»

  1. Was mich bei Adobe in letzter Zeit extrem nervt ist der Account-Zwang. Als ehrlicher Kunde wollte ich Lightroom 6 erwerben. Habe gedacht ich kann es downloaden und einen Key kaufen. Nix da. Also die CD-Version bestellt. Da ist ein Key drin, aber nicht für die Installation, sondern um ein Konto zu erstellen, das man dann bei der Installation angeben muss. Natürlich mit Probeabo für allen möglichen Cloud-Firlefanz, den ich nicht brauche. Und mit vielen “Cloud-Test läuft in X Tagen ab, verlängern Sie hier”-Mails.

    Ich finde es extrem stossend, wenn der ehrliche Kunde gegenüber dem unehrlichen schlechter gestellt ist. Der unehrliche “Kunde” zieht sich das Torrent, tauscht eine DLL aus und hat Ruhe.

Kommentar verfassen