Nun ist nach gut anderthalb Jahren der hier getestete SoundSport In-Ear von Bose den Weg alles Irdischen gegangen. 18 Monate ist okay, aber auch nicht grossartig, was die Vermeidung von High-Tech-Schrott angeht. Darum habe ich mich entschieden, die Problemquelle auszuschalten und einen kabellosen Kopfhörer in den Dienst meiner mobilen Audioversorgung zu stellen.
Es handelt sich um den Philips SHB5900 (Amazon Affiliate), der per Bluetooth mit der Klangquelle (dem Mobiltelefon) verbunden wird. Nein, keine Angst, ich habe ihn nicht in dem schreienden Grün angeschafft, in dem er bei der Philips-Website erscheint, sondern in neutralem Schwarz.
Der Kopfhörer ist nicht komplett kabellos wie zum Beispiel bei diesem Kickstarter-Projekt. Oder bei dem hier. Es gibt ein kurzes, geschätzt 40 Zentimeter langes Kabel, das über den Nacken läuft und die beiden Ohrstöpsel verbindet. Es bietet eine gewisse Fixierung und verhindert Verlust, wenn einem ein Stöpsel aus dem Ohr fällt. Es gibt ein etwas grösseres Kästchen, das (mutmasslich) die Batterie enthält und mit LEDs den Betriebszustand anzeigt, plus eine Fernbedienung fürs Ein- und Ausschalten, Starten und Stoppen sowie Siri-Befehle, Springen und die Lautstärke. Es gibt auch ein Mikrofon, sodass man mit dem Kopfhörer auch telefonieren kann.
Hoffentlich landen sie nicht im Hundehaufen
Dieses Kabel erscheint mir im Vergleich zu den (nicht getesteten) Kickstarter-Projekten sinnvoll. Da die Ohrstöpsel in meinem Gehörgängen nie perfekt sitzen, fallen sie doch ab und zu ungewollt heraus. Da würde ein einzelner, frei fliegender Stöpsel sehr schnell im Gulli oder in einer von einem Hund produzierten realen Instanz des Emoji Nummer U+1F4A9 landen.
Nach einigen Tagen schätze ich die Bluetooth-befeuerte Kabelfreiheit sehr. Der Kopfhörer ist so leicht, dass man ihn mitunter fast vergisst. Das kleine Kästchen stört zwar manchmal etwas, aber nicht übermässig. Und kein Kabel zu haben, mit dem man ständig ins Gehege kommt, ist schon toll: Gerade im Sommer. Denn im Winter trage ich eine Jacke mit Innentasche, wo normalerweise das Telefon steckt. Das Kabel muss dann nur eine kurze Distanz überbrücken.
Wenn ich bei höheren Temperaturen (und der Abwesenheit von Regen) auf die Jacke verzichte, steckt das Telefon in der Vorder- oder Gesässtasche der Jeans und das Kabel zieht sich entsprechend am ganzen Torso vorbei. Man bleibt mit der Hand hängen, kommt dem Kabel mit dem Träger der Tasche oder des Rucksacks in die Quere und reisst sich bei der Hausarbeit die Stöpsel aus den Ohren, weil sich das Kabel um irgend einen Griff gewickelt hat. Alternativ wird auch das Telefon zu Boden geschleudert, was auch mit einem Totalschaden enden könnte.
Man kann sie in der Hemdtasche mittragen
Umgekehrt kann man das Telefon in der Wohnung auch am Strom hängen lassen, wenn man Musik oder Podcasts hört oder es irgendwo hinlegen, wenn man im Pyjama oder im Adamskostüm unterwegs ist. Klar, allzu weit entfernen darf man sich nicht, aber so lang man im gleichen Raum bleibt, funktioniert das tadellos. Und: Die Kopfhörer sind so kompakt, dass man sie problemlos in die Hemdtasche stopfen kann. (Oder in den Hosensack, was ihnen auf Dauer aber wohl nicht sonderlich gut tut.)
Nun, so überzeugend die Vorteile: Es gibt auch einige negative Punkte. Der grösste ist die Klangqualität, die ich beim Philips SHB5900 als knapp genügend bezeichnen würde. Wie gut es klingt, hängt sehr davon ab, wie tief man die Stöpsel ins Ohr rammt. Bass gibt es nur, wenn sie genügend weit eingeführt werden, was nicht jedermanns Sache sein dürfte und bei mir immer die Frage aufwirft, ob mir irgendwann mal eine der Kappen im Ohr stecken bleibt.
Schrill und leicht rauschend
Der Kopfhörer ist in den Höhen unangenehm schrill und hat auch ein minimales Rauschen. Wie weit das am Bluetooth-Audio-Codec liegt, lässt sich nicht sagen, da der Kopfhörer keine Möglichkeit bietet, ihn zum Vergleich auch per Kabel zu benutzen. Trotzdem bleibt die klare Feststellung: Für Podcasts, Hörbücher und Video-Tonspuren ist die Qualität akzeptabel, und auch Musik kann man in einer nicht gerade ruhigen Umgebung hören. Für echten Audiogenuss taugen weder Bluetooth noch die Hardware: Da ist und bleibt das Kabel unverzichtbar. Es ist halt doch nicht alles besser mit Bluetooth.
Das grösste Problem ist natürlich die separate Batterieversorgung: Wenn die Batterie leer ist, gibt es nichts mehr zu hören. Das kann passieren, zumal ich unterwegs einen grossen Audioverbrauch habe. Darum muss man sie entweder rechtzeitig laden und auch im Büro und an anderen strategisch wichtigen Punkten ein USB-Micro-Kabel deponiert haben. Oder man legt sich einen herkömmlichen Kopfhörer in den Rucksack oder die Arbeitstasche. Beides uncool.
Eine längere Akkulaufzeit wäre schön
Immerhin: Die Batterieladung hält länger als einen Tag, aber leider auch nicht eine Woche oder einen Monat. Ein Durchbruch bei der Akkutechnologie, der einem dieses Ärgernis ersparen würde, wäre sehr wünschenswert.
Weitere Nachteile:
- Fürs Ein- und Ausschalten drückt man lange den mittleren Knopf an der Fernbedienung. Das Einschalten ist weitgehend unkompliziert, weil der Kopfhörer piepst und mit dem gesprochenen Hinweis «Connected» angibt, dass die Verbindung steht. Beim Ausschalten wird nur durch einen Ton und ein Blinken der weissen LED angezeigt. (Am Telefon ist die getrennte Verbindung allerdings auch ersichtlich.) Es ist mir nun schon einige Male passiert, dass der Kopfhörer nicht richtig ausgeschaltet und der Batteriestand deswegen unnötig verringert wurde.
- Die meisten der von mir benutzten Windows-PCs haben kein Bluetooth. Der Kopfhörer ist mit ihnen daher unbenutzbar.
- Die Fernbedienung, die einem links neben dem Hals baumelt, ist schwer zu erreichen und unbequem zu bedienen. Klar, das Problem ist kaum zu vermeiden – es sei denn, mit einer Bauweise mit Bügel o.ä. Aber dann ist der Vorteil der kleinen Packgrösse zunichte.
- Das dünne Käbelchen macht keinen robusten Eindruck. Ich bin gespannt, wie lange es hält. (Ich rechne inzwischen den Kaufpreis durch die Anzahl Tage in Verwendung. Der Bose SoundSport hat seinerzeit um die 150 Franken gekostet, was bei 18 Monaten Gebrauchszeit 27 Rappen pro Tag macht. Bei einem Preis von 75 Franken müsste der Philips-Kopfhörer somit doppelt so lange halten. Also drei Jahre. Da sind Zweifel angebracht.)
- Nervig ist die «Battery low»-Durchsage, die meines Erachtens zu oft und viel zu laut erfolgt.
Fazit: Das Pairing war problemlos und auch die Verbindung zum Telefon funktioniert einwandfrei. Es gibt im Alltag gelegentlich kurze Tonaussetzer, die aber nicht so schlimm sind, dass ich sie als Mangel bezeichnen würde. Alles in allem ist dieser Kopfhörer, wenn er denn nicht schon nach zwei Wochen kaputtgehen sollte, absolut alltagstauglich.