IPv… wieviel?

Die UPC-Cablecom hat IPv6 auf der ganzen Linie verschlafen.

Es ist nun auch schon wieder vier Jahre her, seit IPv6 ein grosses Thema war. Ich habe damals ausführlich über das Thema geschrieben. Es gab am 8. Juni 2011 den IPv6-Tag, der ein grosser Erfolg war.

Gebt dem Mann doch endlich ein zeitgemässes Röhrli!

Und seither? Lief IHMO nichts. Null. Nada. Ich habe mich neulich darüber gewundert, dass mein Internet-Anschluss von der UPC-Cablecom offenbar nach wie vor gar nichts mit dem neuen Standard anfangen kann – und bin bei meinen Nachforschungen auf die Meldung Informationen zu IPv6 DS-Lite gestossen, die vor zwei Wochen veröffentlicht wurde:

UPC-Cablecom führt schrittweise IPv6 DS-Lite ein. Dies bedeutet, dass alle Kunden einen öffentlichen IPv6-Adressbereich und einen privaten IPv4-Adressbereich erhalten. Horizon-Kunden sind davon zu Beginn ausgeschlossen.


Na Bravo, Cablecom! Nicht nur, dass es seit dem medienwirksamen IPv6-Tag genau 1513 Tage gedauert hat, bis das Thema bei unseren Freunden von der ehemaligen Rediffusion angekommen ist. Es ist nun auch erst sehr vage von einer «schrittweisen Einführung» die Rede – ohne genaues Enddatum. Das lässt die Interpretation zu, dass es nochmals 1513 Tage dauern könnte, bis alle Kunden IPv6 nutzen können.

Was soll das Lite?

Oder vielleicht auch ein Vielfaches davon. Ausserdem impliziert das «Lite» im Produktnamen, dass UPC-Cablecom bloss eine abgespeckte Variante von IPv6 ausrollt. Wahrscheinlich, indem IPv6 nur gegen aussen, nicht aber im Heimnetzwerk zur Verfügung steht. Auch das nicht überzeugend.

Besonders «gefreut» hat mich als Horizon-Kunde der Hinweis: «Horizon-Kunden sind davon zu Beginn ausgeschlossen.» Ich nehme an, das wird einen technischen Grund haben. Mutmasslich hat man die Box – die ironischerweise auch im Jahr 2011 als «TV-Revolution» eingeführt worden war –, noch rein für IPv4-Netze konzipiert. Das wäre bedauerlich, aber da sie auch sonst leider keinen ausgereiften Eindruck macht, nicht weiter erstaunlich.

Ich verstehe natürlich, dass die Umrüstung auf IPv6 für einen Konzern mit so vielen Kunden eine gewisse Herausforderung darstellt. Andererseits ist IPv6 nun nicht wirklich neu. Auch wenn 2011 die breite Öffentlichkeit mit dem Thema konfrontiert worden ist, gibt es das Protokoll seit 1996 und Netzwerkexperten wissen viel länger von den Engpässen im IPv4-Adressraum. Die Handelszeitung schrieb bereits am 22. Dezember 2004:

Noch vor 2010 werden die «Vorräte» der bisher verwendeten IP-Adressen (IPv4) erschöpft sein. Der Übergang auf IPv6 soll das Problem lösen, der Wechsel wird aber mit Kosten verbunden sein.

Mit anderen Worten: Die UPC-Cablecom hat IPv6 komplett verschlafen. Und jetzt, wo es eine äusserst zögerliche Einführung gibt, kommen die Horizon-Kunden – die mutmasslich die höchsten Monatsrechnungen von allen UPC-Cablecom-Kunden erhalten – zuletzt an die Reihe¹. Das quittiere ich mit einem fetten Daumen nach unten.

Bei Init7 ist IPv6 längst Standard

Andere Provider sind (ein bisschen) weiter. Die Swisscom schrieb am 4. Juli 2012 15:25:

Nach erfolgreichen Trials werden sämtliche Centro-Router standardmässig IPv6-tauglich ausgerüstet. Wann diese Umrüstung abgeschlossen sein wird, können wir derzeit noch nicht sagen.

Fredy Künzler hat im Interview gesagt, bei Init7 sei IPv6 durch. Es ginge also auch anders…

PS: Falls ihr eigene Erfahrungen mit eurem Provider gemacht habt, bin ich gespannt auf eure Berichte in den Kommentaren!

FUssnote

Windows 10 zeigt die IPv6-Adresse an.

1) Windows 10 zeigt für die WLAN-Verbindung zwar eine IPv6-Adresse an: Die ist wahrscheinlich selbst zugewiesen. Der Mac im gleichen Netz zeigt mit automatischer IPv6-Konfiguration an, dass keine Adresse zugewiesen wurde. Die Abfrage über wieistmeineip.ch/ipv6-test geht wie folgt aus:

Keine IPv6-Adresse gemäss dieser Auskunft.

7 Kommentare zu «IPv… wieviel?»

  1. “Ausserdem impliziert das «Lite» im Produktnamen, dass UPC-Cablecom bloss eine abgespeckte Variante von IPv6 ausrollt. Wahrscheinlich, indem IPv6 nur gegen aussen, nicht aber im Heimnetzwerk zur Verfügung steht. ”

    Um das mal Klarzustellen: Das “Lite” in DS-Lite steht dafür das man keine eigene IPv4 Adresse mehr zugewiesen bekommt (woher auch, sind ja alle vergeben) sondern das die Provider eine IPv4 Adresse an mehrere Kunden per NAT teilt. Das ist im Mobilfunk-Internet üblich und hat den Nachteil, das man via IPv4 keine Ports nach außen öffnen kann.

    Wer also von unterwegs aus auf ein Gerät Zuhause am DS-Lite Anschluss zugreifen will (z.B. SmartHome-Zentrale, TV-Receiver, IP-Webcam, etc.) kann dies nur über IPv6 tun.

    In der Wikipedia steht es etwas ausführlicher: https://de.wikipedia.org/wiki/IPv6#Dual-Stack_Lite_.28DS-Lite.29

  2. Die Adresse in Deinem Screenshot ist ganz sicher selbst zugewiesen, fe80 ist link local, also ungefähr das Pendant von 169.254.x.x bei IPv4.

    Mein Provider green.ch würde IPv6 unterstützen. Habe es bis jetzt noch nicht aktiviert, da ich aktuell mit IPv4 alle Seiten erreiche und mir eine fixe Adresse reicht. Wäre aber bei Gelegenheit mal einen Versuch wert. Nur fängt es da wieder mit der Kompatibilität der Netzwerkgeräte an: “IPv6 ready” heisst nur, dass man dem Geräte eine IPv6-Adresse geben kann. Bei der Firewall funktioniert dann die Hälfte der Features nicht mehr. Paketfilter über IPv6 geht, VPN, Load Balancer oder Virenscanner nicht. Und das im Jahr 2015…

  3. Es wurde ja schon angemerkt, das DS-lite aus IPv6-Sicht eine gute Lösung ist. Eine weiterer großer Anbieter in der Schweiz setzt immer noch auf 6rd. Dieser Anbieter weist zwar im Moment schöne Statistiken auf, hat aber langfristig noch viel Arbeit vor sich – die im Moment verdeckt ist.
    Alle, die auf DS, DS-lite oder NAT64 setzen, haben sich wenigstens schon mal Gedanken über eine IPv4-Exitstrategie gemacht.

  4. Das einzige Problem was ich mit der IPv6 Installation habe ist dass der TC7200 das IPv6 Subnetz des angehängten Routers blockiert. Mein Asus RT-AC68U ist auf Native IPv6 eingestellt und das interne IPv6 Netzwerk funktioniert auch. Auch direkt angehängte Geräte, auch der Router selber kann über IPv6 kommunizieren.
    Ich denke die “IPv6 Firewall” auf dem TC7200 blockiert sämtlichen IPv6 Traffic wenn das Gerät nicht direkt mit dem TC7200 verbunden ist.
    Irgend jemand eine Idee?

  5. Router rebootet.
    Bekomme anstatt zwei nur noch eine IPv4 adresse.

    Hundertfach werbung, per post per mail.
    gab es mal eine information per mail über diese verschissen ausgeführte anpassung.

    Verfluche die UPC.

    Wollte früh ins bett, muss früh aufstehen, hab hier wieder 3 stunde verbraten.

    Verfickte UPC:

  6. Hier mal ein akutelles Update. Habe soeben mit UPC telefoniert und wollte meinen Anschluss auf IPv6 umstellen lassen. Abgesehen davon, dass ich der einzige Kunde bislang sei, der IPv6 wünscht (alle anderen wollen wieder IPv4…????) ist eine Umstellung möglich. Ich habe zwar auch das Horizon Packet, nutze aber einen deizidierten Router und nicht diese “TV-Revolutions”-Box (die einach nur Schrott ist). Wie der Autor schon geschrieben hat, ist diese Box nicht IPv6 tauglich.
    Fazit: Eine Umstellung meines I-Net Anschlusses auf IPv6 ist innert kurzer Zeit möglich, da mein Router kompatibel ist.
    Ob der Anschluss DS-Lite oder DS sein wird konnte ich noch nicht feststellen. Ich gehe von DS-Lite aus.

Schreibe eine Antwort zu Patrick OberholzerAntwort abbrechen