Das Sommerloch ist wie gemacht für ein bisschen Medienschelte. Oder sagen wir: Medienreflexion mit einem Hauch von Selbstkritik. Es geht um die Teaser. So nennt man Programmhinweise, die man, etwas weniger euphemistisch, auch Eigenwerbung heissen könnten.
Nun fangen wir den Beitrag an mit der Selbstkritik: Es ist nicht so, dass mir Eigenwerbung fremd wäre. Im Gegenteil: Dieses Blog hier betreibt Werbung für meine neue Videorubrik Digitale Patentrezepte beim Tagi: Da, eben ist es wieder passiert! Ich weise auf Twitter jeweils auf meine Radiosendungen hin und vertwittere meine Blogbeiträge. Im Internet herrscht ein erbitterter Kampf um Aufmerksamkeit und in dem Kampf ist es nicht so, dass sich Qualität automatisch durchsetzen würde. Beachtung findet tatsächlich, wer am lautesten schreit.
Das setzt nun aber leider eine Spirale in Gang, in der jeder versucht, den anderen zu übertönen – was ich im Beitrag So ein Kack! kritisiert habe. (War das etwa schon wieder ein Teaser?)
Aggressives Clickbaiting führt zu nichts. In der Vermarktung eigener Inhalte ist Mässigung angesagt. Ich finde die Selbstpromotion legitim, wenn sie als nüchterner Themenhinweis funktioniert und man, wenn man einem bei einem teaserhaften Tweet auf den Link klickt, sofort auf (potenziell interessante) Informationen stösst. Weniger sinnvoll sind Hinweise auf noch kommende Dinge, wie zum Beispiel dieser Tweet vom Beobachter:
Um 10:10 Uhr auf @srf3: Die Geschichte einer #Züglete, die völlig falsch verlaufen ist. http://t.co/UKTd2khliJ pic.twitter.com/buYYEaId3p
— Beobachter (@BeobachterRat) 22. Juli 2015
Er verweist auf einen Radiobeitrag, der erst noch ausgestrahlt werden wird. Der verlinkte Artikel ist bloss eine Vorankündigung. Leute wie ich, die tagsüber kein Radio hören (weil Radiohören nicht mit ihrer beruflichen Tätigkeit vereinbar ist), werden mit einem Beitrag gelockt, den sie effektiv nicht werden konsumieren können. Wie die Karotte, die vor der Schnauze des Esels baumelt.
Unnötig und ärgerlich
Das ist ein Teaser im eigentlichen Sinn des Wortes: Seine einzige Aufgabe ist es, Neugierde zu wecken und den Empfänger der Botschaft bei der Stange zu halten. In den elektronischen Medien verweisen Teaser im Programm nach vorn, was den Audience Flow im Gang halten soll. Das ist beim Radio in aller Regel ein Unfug, da das Radio ein typisches Begleitmedium ist, das man so lange hört, als man eben Zeit hat.
Das heisst: Wenn man Zeit hat, lange genug dabei zu bleiben, kommt man automatisch in Genuss des folgenden Programms. Ein Teaser ist unnötig. Wenn man vorher abschalten muss, weil man andere Verpflichtungen hat, dann war der Teaser nicht nur unnötig, sondern auch ärgerlich, weil er einen auf etwas aufmerksam macht, das man gezwungenermassen nicht wird konsumieren können.
Wie die Radio- und Fernseh-Menschen anhand ihres eigenen Lebens feststellen könnten, kann der normale Mensch nicht einfach mal spontan den Tagesablauf umstellen, nur weil das Radio oder das Fernsehen lauthals die Absicht verkündet, später etwas Interessantes bringen zu wollen. Darum rechtfertigen sich Teaser, wenn überhaupt, nur für echte, seltene Programmhöhepunkte.
Bringt dieses ewige Gluschtigmachen denn wirklich etwas?
Ich bin mir sicher: Wenn man die Wirksamkeit dieser Teaser ernsthaft untersuchen würde, dann wäre die Feststellung, dass sie quasi nutzlos sind. Die meisten Hörer haben sich daran gewöhnt, ihre Ohren auf Durchzug zu stellen. Das Publikum ist auch auf Twitter ganz gut darin, die Selbstpromotion zu ignorieren – das hat auch meine Analyse von Twitter-Analytics gezeigt.
Nun kann man sich auf den Standpunkt «Nützt es nichts, so schadet es auch nichts» stellen. Ich bin da allerdings dezidiert anderer Meinung – und habe daher in meinen Ausgaben des Morgomat die Teaserei (bis auf nüchterne und knappe Programmhinweise) eingestellt.
Nein, heute, wo keine Knappheit an Information, sondern deren Überfluss herrscht, ist es wichtig, gerade diese Meta-Mitteilungen radikal zu hinterfragen und alles bleiben zu lassen, was nichts bringt, sondern bloss zum Hintergrundrauschen beiträgt.
Popnümmerchen anteasen?
Darum wiederhole ich hier nochmals meine Aufforderung an SRF3, insbesondere die völlig bescheuerten Teaser auf das Musikprogramm (!) bleibenzulassen. Ich werde ganz sicher nicht später zur Arbeit aufbrechen und den Zug verpassen, nur weil mir Philipp Gerber irgendein belangloses Pop-Nümmerchen in Aussicht gestellt hat. Ich würde es noch nicht einmal tun, wenn er gute Musik versprechen würde, was aber leider nicht passiert.
Wenn @philippegerber auf @srf3 Songs anteast… (dann kriege ich Lust auf @SpotifyCH, wo ich sofort hören kann, was ich will…)
— Matthias Schüssler (@MrClicko) 20. Juli 2015
Mit anderen Worten: Man kann sich auch blamieren, so wie SRF3, weil die Musik-Teaser nur eines beweisen: Dass die Radiomacher keine Ahnung von den Bedürfnissen des Publikums haben und ihre eigenen Interessen über die Ansprüche der Hörer stellen.
PS: Der eingeblendete Tweet funktioniert natürlich als Teaser für meinen wunderbaren Twitter-Feed.