Viel Marketing und Kalorien, etwas wenig Geschmack

Ist das noch Tee oder doch eher ein Lifestyle-Auswuchs? Ich bespreche den Chai Latte Vanilla Breeze von Emmi, ein Fertig­getränk für Leute von heute, denen ein nor­maler Kräu­ter­auf­guss zu dröge ist.

Am Bahnhof Winterthur habe ich neulich ein Warenmuster in die Hand gedrückt bekommen: Einen Becher in Form eines umgekehrten Kegelstumpfs, der unter einem blauen Deckel Emmis neue Kreation enthält: Den Chai Latte Vanilla Breeze.

Emmi als Milchverarbeiter ist seit ein paar Jahren erfolgreich mit diesen fancy Getränkekreationen, die die gute alte, müde Männer munter machende Milch in ein Produkt für junge Menschen verwandelt. Da gibt es die vielen Kaffeekreationen, die für dieses Blog nicht relevant sind. Die Schnittmenge der Milch zu dem hier gerne besprochenen Tee drängt sich für eine Besprechung allerdings geradezu auf.

Das «Breeze» im Namen hat mich dazu inspiriert, den Emmi Chai Latte mit dem Lensbaby-Objektiv zu fotografieren.

Wie bei einem Trendprodukt nicht anders zu erwarten, setzt Emmi auf ganz viel Marketing-Blabla: Der Latte verspricht, mich in eine inspirierende Welt einzutauchen (dive into the inspiring world) und mich den ganzen Tag in Fahrt halten würde (keeps you going all day long).

Zucker in unbotmässigen Mengen

Ersteres weckt hohe Erwartungen, zweiteres Skepsis: ist die Formulierung «Energie für den ganzen Tag» nicht Marketing-Sprech für «Wir haben groteske Mengen an Zucker in das Teil hineingekippt?». Der Latte hat 220 kJ pro hundert Milliliter, was 53 kcal entspricht. Das ist deutlich mehr als die 180 kJ in Coca-Cola, das seinerseits kein Fett enthält. Beim Emmi-Latte sind ein Gramm pro hundert Milliliter dabei. Der ganze Becher mit 230 ml deckt dabei laut codecheck.info bereits 37 Prozent des täglichen Zuckerberdarfs. Das ist sehr viel – abgesehen davon warnt Codecheck auch vor dem Lebensmittel-Phosphat E339, das für Allergiker problematisch ist.

Nun bin ich kein Gesundheitsapostel, der den Gesundheitsaspekt über alles stellt. Wenn mir etwas schmeckt, dann darf es auch Kalorien enthalten. Nur mache ich diese Zugeständnisse am liebsten bei sündhaften Dingen wie Schokolade oder Dessert. Oder bei der Hauptmahlzeit des Tages.

Bei den Getränken habe ich Kalorien angewöhnt. (Wenn man den Alkohol mal grosszügig ausklammert.) Ich trinke gern «normalen» Chai Latte, der mit heissem Wasser, einem Teebeutel und einem Schuss Milch hergestellt wird. Zucker kommt keiner rein, sodass er nichts weiter als die Kalorien und das Fett der Milch enthält. Der Chai Latte müsste somit das Glücksgefühl eines Schokodesserts auslösen, damit er zu meinen Konsumgewohnheiten passen würde.

Gefällig, aber auch undifferenziert

Um es kurz zu machen: Das tut er nicht. Die Emmi-Kreation schmeckt gefällig. Vom «finest ceylon tea» merke ich jedoch fast nichts und die Vanille macht sich vor allem beim Abgang bemerkbar. Und zwar so, wie das industrielle Vanille-Produkte meistens tun: Etwas aufdringlich, sodass man sich fragt, wie viel an dieser Vanille natürlich bzw. künstlich ist.

Und auch in Anbetracht des zurückbleibenden Abfallhäufchens aus Plastikbecher, -deckel und Aluminiumverschluss drängt sich der Entscheid auf, beim normalen Chai Latte zu bleiben. Der ist auch deutlich günstiger. Ein Becher des Emmi Chai: 2.15. Der YogiTea Sweet Chai mit 17 Beuteln: 4.95 Franken.

DIY-Chai Latte

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