Effektfeuerwerk für bewegte Bilder

Die Foto-App Powercam stattet nicht nur Standfotos, sondern auch Videos mit bunten Effekten aus.

Kamera-Apps gibt es für iOS wahrlich wie Sand am Meer. Sie unterscheiden sich im Kern nur durch die Zahl der Bildeffekte – und durch das Aha-Erlebnis, das man mit diesen allenfalls auslöst. Auch die Powercam-App des chinesischen Softwareentwicklers Wondershare macht keine Ausnahme: Der Clou sind die Effekte à la Instagram, mit denen man flaue Bilder aufmöbeln kann.

Powercam ist dennoch in drei Belangen bemerkenswert:

1) Die App stattet nicht nur Fotos mit den Effekten aus, sondern auch Videos. Es gibt auch animierte Effekte: Old Movie, 70s und Siena erwecken den Eindruck eines Super-8-Films, indem sie Staubpartikel und Kratzer übers Bild laufen. Bei Fire züngeln die Flammen und bei Bubble steigen Blasen auf. Bei Shake wird das Bild in alle Richtungen zerbröselt und mit Snow kann man es in seiner Aufnahme sogar künstlich schneien lassen.

Von «Chocolate» bis «Thermal» – Powercam hat mehr Effekte in petto, als man jemals benutzen kann.


2) Die Effekte werden schon während der Aufnahme angezeigt, sodass man sie bei der Gestaltung berücksichtigen kann. Das ist besonders wichtig bei einigen der Effekte, die einen Teil des Bildes, meist das Zentrum, besonders akzentuieren. Bei Pip (Picture in Picture) oder X-Sketch wird ein Blatt Bilderrahmen bzw. ein Papier ins Bild gehalten, das den Bereich speziell verfremdet – damit das ein sinnvolles Resultat ergibt, sollte an dieser Stelle beim Fotografieren oder Filmen das Sujet platziert werden.

Mehr Effekte als Instagram und Hipstamatic zusammen

3) Die schiere Zahl der Effekte ist überwältigend. Um die 60 statische und 15 animierte Effekte stehen bereit. Es gibt bekannte Effekte wie Cross-Pro. Er simuliert eine Cross-Entwicklung, bei der in der analogen Fotografie eine bestimmte Farbwirkung erzielt wurde, indem man einen Farbnegativfilm wie ein Diapositiv entwickelt hat – oder umgekehrt. Man findet Filter wie Emboss, die manche vielleicht noch aus CorelDraws Bildbearbeitung kennen, aber auch Graustufen-Umsetzung (Gray scale), 1-Bit-Bild (Binary) oder Negativ. Der Solarisationseffekt (Solarize) kennt man ebenfalls aus der analogen Fotografie: Er führt dazu, dass bei einer starken Belichtung die Schwärzung des Films wieder abnimmt und Bildbereiche, die sehr dunkel sein müssten, wieder aufgehellt werden.

Umfärbungen mit Color Splash

Über die Schaltfläche Magic gibt es obendrein einige Effekte. Der Tilt-Shift-Effekt verwandelt eine normale Szene in eine Miniatur, indem der Schärfebereich stark verengt wird. Mit Selbstauslöser macht man Selbstportraits und mit Color Splash kann man einzelne Bildbereiche entfärben oder umfärben: Diese Funktion verwandelt eine Aufnahme in ein Graustufenbild, belässt aber ein einzelnes Objekt, beispielsweise einen roten Ballon in seiner Ursprungsfarbe. Das Resultat hat, natürlich, eine dramatische Wirkung. Mit Magic Shot wechselt man während der Videoaufnahme den Effekt.

In den Einstellungen (erreichbar über das Zahnrad-Symbol neben dem Auslöser) blendet man Gitternetzlinien für den goldenen Schnitt oder den Modernen Schnitt ein. Man wählt hier auch die Auflösung fürs Video und die Fotos. Die fertigen Bilder können als Mail versandt, an Instagram weitergereicht oder bei Facebook, Flickr und diversen chinesischen Bild-Sites gepostet werden. Auch ein Upload der Videos bei Youtube ist möglich.

Powercam ist kostenlos im App Store zu haben. Über einen In-App-Kauf von 2 Franken erhält man noch mehr Filter und die Möglichkeit, Bilder nach der Aufnahme zu bearbeiten versehen und mit Rahmen zu versehen oder in eine Collage zu verwandeln. Im In-App-Kauf ist auch eine Panorama-Funktion enthalten, die dann über die Magic-Taste abrufbar ist.

Der «Color Splash»-Effekt in Aktion: Alle Farben ausser das Blau der Anzeige werden aus dem Bild ausgewaschen.

Wie damals CorelDraw…

Fazit: Powercam erinnert an selige CorelDraw-Zeiten, als man für vergleichsweise wenig Geld jede Menge Software erhielt – mehr als man jemals brauchen konnte. Für eine iOS-App ist das untypisch. Man ist sich bei den mobilen Apps an einfach zu benutzende Programme gewöhnt, die einen überschaubaren Funktionsumfang bieten. Dennoch – wer gerne nach Herzenslust experimentiert und keine Skrupel hat, seinen Bildern eine Flut an Effekten angedeihen zu lassen, der ist mit dieser App bestens bedient.

In der Nachbearbeitung lassen sich Bilder noch weiter aufhübschen – beispielsweise mit einem stilvollen Rahmen. Und ja. Ich habe versucht, wie Che Guevara dreinzublicken.

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