Texte schreiben auf die archaische Art

Markdown­Pad ist die Anti­these zum mo­der­nen Text­ver­ar­bei­tungs­prog­ramm: Extrem über­schaubar und aufs We­sent­liche zu­ge­schnit­ten.

Moderne Textverarbeitungsprogramme sind Hunderte Megabytes gross, haben unzählige Funktionen und Features, und sind das, was böse Zungen als «Bloatware» (deutsch: «Blähware») bezeichnen. Das Schreiben erleichtern sie dadurch nur bedingt – denn Inspiration oder Kreativität vermitteln sie trotz aller «Featuritis» nicht.

MarkdownPad ist um die zwei Megabyte gross, hat eine Symbolleiste mit 24 Befehlstasten und fünf Menüs. Das reicht, um formatierte Dokumente zu produzieren.

Arbeiten im Code

Eine zweite Besonderheit des Gratisprogramms liegt darin, dass man nicht in einer WYSIWYG-Ansicht arbeitet. Das Kürzel steht für «What You See Is What You Get» und besagt, dass der Text mit allen Auszeichnungen dargestellt wird. Bei MarkdownPad arbeitet man in einer Code-Ansicht, in der man den Text über Auszeichnungsbefehle formatiert. Kursiver Text steht zwischen Sternen, fetter Text wird mit zwei Sternen am Anfang und zwei Sternen am Ende markiert, Titel erster Ebene stehen zwischen Gartenzaun-Symbolen und Zitate werden mit einem Kleiner-Als-Zeichen angeführt. Diese Auszeichnungsbefehle gibt man während des Tippens ein oder man fügt sie über Tastaturkürzel hinzu.

MarkdownPad zeigt standardmässig eine zweigeteilte Ansicht: In der linken Hälfte ist der reine Text mit den Markdown-Formatierungszeichen zu sehen. Die rechte Hälfte zeigt die gerenderte Ansicht, die man über eine CSS-Style-Datei beliebig formatieren kann.

Der Text wird über eingestreute Sterne und Gartenhag-Symbole formatiert.

Für Computernerds ist die Arbeit im Code nicht aussergewöhnlich. Wer sich WYSIWYG-Programme wie Word gewohnt ist, mag sich fragen, warum man diese archaische Arbeitsweise wählen sollte. Zwei Gründe sprechen dafür:

Die Geschwindigkeit

Wer die Formatierungsbefehle intus hat und die Formatierungszeichen wie der Stern und das Gartenhag-Zeichen auf der Tastatur blind findet, kann sehr schnell arbeiten und Formatierungen während des Tippens ein- und ausleiten. Die in WYSIWYG-Programmen übliche Arbeitsweise, Text zu markieren und ihnen dann per Maus eine Formatierung zuzuweisen, ist vergleichsweise viel umständlicher.

Ein Nachteil besteht darin, dass bei der Deutschschweizer Tastaturbelegung das Gartenhag-Zeichen (#) mit Alt Gr + 3 deutlich umständlicher zu tippen ist als bei der US-amerikanischen Tastatur.

Der saubere Code

WYSIWYG-Programme produzieren in aller Regel ein ziemliches Code-Tohuwabohu. Das entsteht, wenn Formatierungen zugewiesen und wieder gelöscht werden, man formatierten Text aus anderen Quellen einfügt oder formatierte Textteile im Dokument verschiebt.

Diese an der Oberfläche nicht sichtbaren «Altlasten» verursachen beim Export oder beim Konvertieren häufig Probleme – und ausserdem sind sie den Computernerds, die ihrerseits auch Code- Ästheten sind, ein wahrer Gräuel. Hand-gecodete Dokumente sind hingegen blütenrein. MarkdownPad speichert die Dokumente als reinen Text und exportiert sie als HTML-Datei.

Vielfältige Konvertierungsmöglichkeiten

Markdown-Dokumente können mit dem Pandoc-Konverter in andere Formate umgewandelt werden: In RTF, Word-DOC, aber auch Latex, PDF oder Epub.

MarkdownPad ist kostenlos erhältlich:
markdownpad.com

Die Markdown-Auszeichnungssprache wurde von John Gruber und Aaron Swartz entwickelt. Hinweise zur Syntax und zur Philosophie finden sich unter daringfireball.net.

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