«Schutzgelderpressung»

Die Aboverlängerung bei einem Symantec-Produkt ist eine ausnehmend unerfreuliche Sache: Der Hersteller operiert mit Panikmache – und wehe, wenn man es nicht rechtzeitig schafft!

In Anführungszeichen habe ich den Titel gesetzt¹, damit man mich nicht wegen übler Nachrede verklagen kann. Die Schutzgelderpressung ohne Anführungszeichen ist bekanntlich eine wichtige Einnahmequelle des organisierten Verbrechens. In diesem Blog-Beitrag geht es um die Geschäftspraktiken von Unternehmen, die sich gesetzeskonform, aber nicht sehr sympathisch aufführen, und darum die Anführungszeichen.

Es geht um Sicherheitsprogramme. Ich nehme an dieser Stelle Norton Internet Security von Symantec als Beispiel, weil ich das auf meinem Rechner zu Hause einsetze². Andere Produkte handhaben die Sache aber ähnlich. Dieses Produkt arbeitet während elf Monaten brav und einwandfrei.

Das dicke Ende

Um zunehmender Penetranz eine Abo-Verlängerung einzufordern. Ist das Nutzungsjahr um, kommt diese schöne Ansicht:

Die Drohkulisse.

Ist das Abo abgelaufen, stellt Norton Internet Security seinen Betrieb offensichtlich komplett ein. Ein Scan auf Viren wird mit dem Hinweis «Produkt inaktiv» verweigert. Ob ein Virus geblockt würde, habe ich nicht ausprobiert, da ich weder Zeit noch Lust habe, mein Windows zu entseuchen, falls das nicht der Fall sein sollte. Es scheint aber so zu sein, dass die Schutzfunktionen komplett deaktiviert sind.
Das ist Schutzgelderpressung.

Nicht nur die Zusatzfunktionen arbeiten nicht mehr – selbst der rudimentäre Virenschutz scheint nach Ablauf des Abos nicht mehr gewährleistet.

… huch, die Anführungszeichen vergessen. Schnell korrigieren!

Das ist Schutzgeld-«Erpressung». Wenn man die Abodauer ausnutzen will, muss man sich genau an dem Tag, an dem das Abo abläuft, Zeit zur Verlängerung nehmen können. Ansonsten muss man die Verlängerung schon früher vornehmen und Symantec ein paar seiner Abo-Tage schenken. Genau darauf legen es die Verlängerungsaufforderungen an, die man gegen Ende der Aboperiode täglich erhält.

Wie wäre es mit Fairness?

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Ein sympathisches Unternehmen würde mich bis zum Ablauf der Abofrist komplett in Ruhe lassen. Dann würde es mir als treuem Kunden zwei oder drei Wochen Zeit geben, die Verlängerung vorzunehmen. In der Zeit würde das Produkt normal funktionieren und auch die Updates der Virendefinitionen wäre möglich. Hinterher würde das Produkt weiterhin ganz normal arbeiten – Firewall, Scan-Engine und Co. wären aktiv, aber für das Update der Virendefinitionen bräuchte es dann die Verlängerung.

Dass das Produkt komplett inaktiv wird, passierte bei früheren Versionen nicht. Dort wurden lediglich Updates der Virendefinitionen verweigert. Man war dann nicht mehr vollständig geschützt, indem die ganz neuen Viren nicht mehr erkannt werden konnten. Das stellte ein beachtliches Sicherheitsrisiko dar, war aber viel weniger gefährlich als ein komplett inaktives Sicherheitsprodukt.

Ich verstehe, dass es aus der Geschäftslogik heraus für Symantec wichtig ist, die jährlichen Abos zu verkaufen. Und da ist die rüde Angstmachermethode sicher wirkungsvoll. Nur ist mir als Computernutzer die Geschäftslogik von Symantec komplett schnurz.

Desolater Zustand

Trotz allem: Die Stilfrage bei der Verlängerung der Abos ist letztlich nur ein Detail. Es ist und bleibt ein desolater Zustand, was die Sicherheit von Windows-Systemen angeht. Das Windows-Betriebssystem ist immer noch ein Dorado für jegliche Malwareproduzenten. Inzwischen sind es zwar weniger die Löcher im Betriebssystem selbst, als vielmehr die in Browsern und vor allem Browser-Erweiterungen, aber es ist und bleibt eine Zumutung, was der Windows-Anwender für Sicherheit tun muss – was an Geld und Zeit zu investieren ist, um die Maschinen einigermassen sicher zu halten.

Und wehe, wenn dann doch eine Malware durchkommt – dann ist stundenlanges Herumbasteln am Rechner angesagt. Oftmals, wie häufig bei dem brutalen «MS Removal Tool», bleibt nur die Neuinstallation des Betriebssystems. Und diese Massnahme kann man eigentlich nur mit der schönen englischen Redewendung It’s a pain in the arse! adäquat beschreiben.

Malware-Schutz gehört ins Betriebssystem

Es gibt nur eine vernünftige Lösung. Microsoft muss endlich einen brauchbaren Schutz gegen Malware direkt ins Betriebssystem einbauen. Microsoft Security Essentials sollte integraler Bestandteil sein und Drittprodukte überflüssig machen. Wenn es dann eine Schnittstelle für Zusatzmodule gibt, über die Unternehmen wie Symantec weitergehende Schutzmechanismen einklinken können, hätte ich nichts dagegen.

Aber es muss endlich so sein, dass ein Windows aus der Box, ohne die Software eines Drittherstellers dem Heimanwender ausreichenden Schutz gegen jegliche Malware bietet. Und wenn das nicht gewährleistet ist, müsste innert eines Arbeitstages ein Mitarbeiter von Microsoft auf der Matte stehen, der das Problem aus der Welt schafft. Das ist meine Vorstellung von «trustworthy computing».

Fussnoten

1) Der Titel ist nicht mehr in Anführungszeichen, weil mein CMS damit nicht zurechtkommt. Ich erkläre hier aber: Er wäre weiterhin in Anführungszeichen, wenn Anführungszeichen im Titel funktionieren würden.

2) Ich nutze auf meinem Computer ein von Symantec zur Verfügung gestelltes Rezensionsexemplar von Norton Internet Security, und die Beschäftigung mit diesen Produkten ist für mich Teil meiner Arbeit.

One thought on “«Schutzgelderpressung»

  1. Eine kleine Präzisierung – man könnte auch sagen: Korrektur. Wenn man die Verlängerung online vornimmt, werden laut Symantec die verbleibenden Tage angerechnet. Wenn man eine Schachtel mit der neuen Produktversion kauft, dann nicht. Es sei aber möglich, sich die verbleibenden Tage via Support anrechnen zu lassen.

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