Tüppogravieh und andere Kaphostrophen

Typografische Sorgfalt scheint ein Ding der Unmöglichkeit: Der Idioten-Apostroph ist allgegenwärtig, ebenso falsche Anführungszeichen und viele andere zeichensetzerische Sünden. Als Hilfe gegen diese Verluderung der Sitten ein heisser Tipp: Mit Microsoft Keyboard Layout Creator hat man sämtliche wichtigen Glyphen immer griffbereit.

Für viele Leute sind 26 Buchstaben, plus ein paar zerquetsche Umlaute schon mehr als genug. Das sieht man daran, dass sie schon ein simples Häkchen wie der Apostroph völlig aus der Fassung bringt. Zum einen wissen viele Leute nicht, wo man die eigentlich braucht und wo nicht, und zum anderen wissen sie auch nicht, wie der Apostroph eigentlich aussieht.

Also, dass manche glauben, der saxon genitive sei auch hierzulande gebräuchlich, damit kann ich ja noch knapp leben. In manchen Fällen passt er ja sogar. Ich meine, wenn jemand ein Lokal eröffnet und dem einen etwas speziellen Namen geben will, dann kann dieser sächsische Genitiv womöglich Sinn machen sinnvoll sein. Beispiel

Dummbeutel’s Grotte

Wenn allerdings Dummbeutel ein normales Plural-s per Apostroph abtrennt, dann möchte ich ihn am liebsten würgen höflich auf seine Verfehlung aufmerksam machen.

Weil seine Akku’s leer waren, konnte er seine CD’s nicht mehr spielen, seine Handy’s nicht mehr benutzen und musste seine Cousin’s um Angebote für Job’s angehen.

Weil Dummbeutel Schweizer ist, hat er aber noch mehr Möglichkeiten, Apoströphe’s Apostrophe falsch zu brauchen. Er kann damit nämlich die Artikel verzieren:

S’Meitli vom Dummbüütel frööget, wo si s’Hüüsli find, wo s’Grosi drin wohnnt.

Wer hat den Leuten diesen Floh ins Ohr gesetzt? In manchen Schweizer Dialekten ist der sächliche Artikel einfach «s» und fertig. Da wird kein Buchstabe weggelassen, also ist der Einsatz des Apostrophs als Auslassungszeichen auch nicht gerechtfertigt.

Mit Logik hat das nichts zu tun

Und wenn man ihn brauchen wollen würde, dann müsste man ihn wenn schon vor das S setzen, weil das wenigstens einigermassen logisch wäre. Deutlich gesprochen würde es «es Meiteli» heissen. Also «’s Meiteli», etwas undeutlich. Sieht halt einfach bescheuert aus und macht die Sache auch nicht besser, darum einfach «S Meiteli».

Das ist aber noch nicht aller Unfug, den man mit dem Apostroph anstellen kann. Man kann nämlich einfach irgendwelche Häkchen zum Apostroph erklären, die man auf seiner Tastatur so findet. Beispielsweise das Prime (), das wir für Sekunden brauchen würden, das einfache schliessende Gänsefüsschen (), das umgekehrte einfache Anführungszeichen () oder, als Gipfel der Kaphostrophe, eines der Akzentzeichen, über die die Finger auf der Tastatur so stolpern können: ´ und `.

Treffen wir uns doch in Dummdödel´s Grotte, sagte der Mann ohne Akku`s.

Gut, manche werden das für Korinthenkackerei halten. Vielleicht zu recht, vielleicht zu Unrecht. Aber wäre das folgende Inserätchen nicht ein Quäntchen glaubwürdiger ausgefallen, hätte der Grafiker den richtigen Apostroph erwischt oder sogar ein Viertelgeviert genommen?

Natürlich, schuld sind die Computerhersteller, die den richtigen Apostroph gar nicht auf die Tastatur packen, sondern den (Windows-)Anwender zwingen, bei gedrückter Alt-Taste den Code 0146 auf dem Nummernblock einzugeben, um ein mickeriges ’ zu erhalten. Natürlich, darum verwendet auch die ganze Welt das Zollzeichen anstelle richtiger Anführungszeichen. Die in der Schweiz gebräuchlichen Guillemets sind nur auf dem Mac direkt zu tippen (mit WeicheKomma fürs öffnende und UmschaltWeicheKomma fürs schliessende Guillemet). Windows-Anwender müssen Alt0171 und Alt0187 töggeln, um die Zeichen zu erhalten.

Warum nicht über die Tastatur abrufbar?

Ich verstehe auch wirklich nicht, warum es die typografischen Zeichen nicht alle längst auf der Tastatur gibt. Für die Verwendung per Alt Gr-Taste wäre mehr als genug Platz für Tonnen von Sonderzeichen, inklusive einfache Guillemets, hoch- und tiefgestellte Zahlen, die wichtigsten Brüche, und so weiter.

Die gute Nachricht immerhin: Wer will, der kann. Microsoft stellt seit einigen Jahren ein Programm namens Microsoft Keyboard Layout Creator (MSKLC) kostenlos zur Verfügung. Damit kann man sich seine eigene Tastaturlayouts bauen, und ich habe mir damit ein Layout namens «Deutsch (Schweiz) – Typo» erstellt.

Das stelle ich zum Download zur Verfügung: Deutsch Schweiz Typografisch Keyboard-Layout (siehe dazu auch: Es hat bloss dreissig Jahre gedauert, bis Microsoft es geschnallt hat)

Bei Alt Gr alle nötigen typografischen Glyphen platzieren

Nach der Installation des Programms lädt man über File > Load Existing Keyboard das Layout Deutsch (Schweiz), das erweitert werden soll. Um die fast leere Alt Gr-Modifier-Ebene bearbeiten zu können, setzt man ein Häkchen bei Alt+Ctrl (Alt Gr) und legt dann die Zeichen sinnvoll auf die Tasten. Um Zeichen einzufügen, ist die Zeichentabelle hilfreich.

Sie ist im Startmenü unter Programme > Zubehör > Systemprogramme zu finden. Die Zeichen lassen sich mit diesem Hilfsprogramm in die Zwischenablage kopieren und in MSKLC über die Tastenkombination Ctrl + v einfügen. Übrigens: Auch fancy Pfeile wie der hier ⇒ können auf eine Alt Gr-Taste verpflanzt werden. Ebenso jedes andere Zeichen, das der Unicode-Fundus hergibt.

Mit dem Keyboard Layout Creator von Microsoft lassen sich eigene Tastaturbelegungen erstellen.
Hier wird die Alt Gr-Ebene mit wichtigen Spezialzeichen belegt.

Ist das Layout fertig, sollte man es speichern. Über Project > Properties lässt es sich benennen und via Project > Build DLL and Setup Package in einen gebrauchsfertigen Zustand überführen.

MSKLC erzeugt im Arbeitsordner einen Unterordner mit den Tastaturlayouts und kann via setup.exe installiert werden. Es muss nach der Installation in der Systemsteuerung unter Region und Sprache bei Tastaturen und Sprache > Textdienste und Eingabesprachen ausgewählt werden.

Mancher wird wahrscheinlich doch finden, dass dieser Aufwand sich nicht lohnt. Ein Trugschluss, wie ich finde. Jeder Blogger, der in seinen Posts richtige Anführungszeichen braucht, gewinnt bei mir auf einen Schlag zehn Punkte auf der Glaubwürdigkeits-Skala…

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