Die vergangenen Nächte habe ich damit zugebracht, die Website dorfposcht.ch, deren Webmaster zu sein ich die Ehre habe, von Altlasten zu befreien. Diese Site gibt es schon seit 1997 und in der Zeit haben sich etwa 1400 Seiten angesammelt. Die Seiten wurden jeweils nach dem aktuellen Stand des Webdesigns gestaltet. Man kann sich vorstellen, dass so innert gut zehn Jahren ein schönes Sammelsurium an Gestaltungstechniken zusammenkam. Jede war zu ihrer Zeit der letzte Schrei gewesen und heute ist es nur noch ein HTML-Gruselkabinett.
Am Anfang stolperte ich über die damals unvermeidlichen Font-Tags – der Herr sei gepriesen, dass ich denen gegenüber schon immer ein grosses Misstrauen hegte. So musste ich nur einige wenige solcher Webdesign-Sünden ausbügeln. Schon sehr viel mehr nervtötender war das Eliminieren eines anderen, glücklicherweise obsoleten Gestaltungsmittels.
Tabellen als Gestaltungsmittel? Es ging nicht anders, aber eine dumme Idee wars trotzdem
Ich rede von Tabellen. Die wurden für alles und jedes eingesetzt, nur nicht dafür, wozu sie eigentlich gut gewesen wären (um Informationen in Form von Spalten und Zeilen darzustellen). Da gab es damals halt keine Alternative. Trotzdem war ich froh, dass ich so vorausschauend gewesen war, meinen «Content» immer in eine einzige Zelle zu packen. Der Ballast hing darum immer nur am Anfang und am Ende einer jeden Datei und liess sich leicht exzidieren.
Ach, und anhand des Codes konnte man auch immer genau sagen, wann wieder eine neue Version von GoLive auf den Markt gekommen war. Jede einzelne hatte ihre ganz eigenen Erkennungsmerkmale. Da wurden beispielsweise die Tags für horizontale Linien (hr
) mit überflüssigen p
-Tags verziert. Auch schön: Wenn banale rechtsbündigen Texte per div
umklammert werden. Besonders toll ist jedoch, wenn irgendein Tag gleich wieder aufgehoben wurde, ohne dass irgendetwas dazwischen zu finden gewesen wäre. Oder wenn unmittelbar nach einem Tag sein Gegenspieler folgte, der ihn sogleich neutralisierte.
Die frühen HTML-Editoren haben viel Schindluder getrieben
Dieses Spiel konnte auch ein paarmal hintereinander stattfinden. Wobei man GoLive zugutehalten muss, diesbezüglich ein Waisenknäblein zu sein. Ich sage nur: Adobe PageMill. Und es gab mal einen Webeditor von Corel, der dann relativ schnell im digitalen Orkus verschwunden ist. Der beherrschte diese Kunst in Perfektion. Wenn mir der Name dieses unglücklichen HTML-Vergewaltiger wieder einfällt, reiche ich ihn als Kommentar nach. Wie auch immer, zum Glück hatte ich schon immer eine Neigung für schlanken Code und für den Texteditor.
Darum er- und bekenne ich: Ich bin CSS-Fan! Obwohl ich mich immer mal wieder in meinen Deklarationen verheddere – das Prinzip der Trennung von Inhalt und Form, das den Cascading Style Sheets zugrunde liegt, ist das einzig Richtige. Håkon Wium Lie, Sie verdienen den goldenen Ehrenwimpel erster Klasse (class="first"
, hehe) am Band, oder was es in Norwegen auch immer für Ehrenzeichen gibt!
Also, der Name des Corel-Webeditors war «Web.Designer» (mit Punkt). Ich habe den Ende 1996 für «M+K Computermarkt» getestet. Die Software gibts nicht mehr. Die Zeitschrift übrigens auch nicht. 😉