Mittelerde à la Stephen King

«The Stand», zu Deutsch «Das letzte Gefecht»: Ein grossartiger Überlebensroman von Stephen King, mit deutlichen Anleihen bei J. R. R. Tolkien.

Über Weihnachten und Neujahr war ich mit einer Pandemie von unerhörtem Ausmass konfrontiert. Ich spreche nicht von der diesjährigen Grippe, die auch in mir ein williges Opfer gefunden hat. Ich spreche von Captain Trips, der tödlichen Supergrippe, die als Folge eines ausser Kontrolle geratenen Virenexperiments fast die ganze Menschheit ausrottet. Das übrig gebliebene Häufchen versucht zu überleben und sich gegen das personifizierte Böse zu wehren, das in der Gestalt von Stephen Kings Lieblingsdämon Randall Flagg in Erscheinung tritt.

Genau, Stephen King. Der steckt hinter dieser Geschichte, die 1978 zum ersten Mal in einer gekürzten Fassung veröffentlicht worden war. King hat sie 1995 in der ursprünglichen Version neu aufgelegt und 2012 ist bei Audible eine vollständige Lesung erschienen, wunderbar gelesen von Grover Gardner, der nicht nur eine angenehme Stimme hat, sondern auch die Figuren mit ihren Dialekten und sprachlichen Eigenheiten (M-O-O-N, that spells Tom Cullen) zum Leben erweckt.

Eine Lesung von 48 Stunden – dieses Abenteuer geht man nicht leichtfertig ein

Ich hatte so meine Skrupel, nach «11/22/63» schon wieder ein King-Werk in Angriff zu nehmen – und obendrein eines, das noch deutlich länger ist. Fast 48 Stunden lang läuft die Lesung, und auf so ein Abenteuer lässt man sich nicht leichtfertig ein.

Auch als Comic bei Marvel erhältlich.

Aber auf meine Frage auf Twitter kam umgehend die Aufforderung, mich der Herausforderung zu stellen. Zu Recht, denn King sich in dieser epischen Erzählung – The Stand bzw. Das letzte Gefecht in Deutsch – als Meister seines Fachs. Die Figuren sind greifbar, die Schauplätze authentisch und die Erzählungen auf eine Weise packend, wie es nur das Kopfkino sein kann. Beispielsweise Larry Underwoods nervenaufreibende Durchquerung des leichenübersähten Lincoln Tunnels.

Und als Lord-of-the-Rings-Fan genoss ich auch die Anleihen bei Tolkiens Meisterwerk. Es gibt mit Trashcan Man eine Art Gollum und auch die Gefährten trifft man wieder, die sich auf eine mühselige Reise nach Las Vegas aufmachen, um dort Radnall Flagg zu bodigen, der ein ähnliches Sehvermögen wie Sauron besitzt…

Mit dem King-Wiki die Übersicht behalten

Ein nützliches Hilfsmittel, das ich leider erst nach der Lektüre entdeckte, ist das King-Wiki. Es hält Informationen nicht nur zu den Hauptfiguren, sondern auch zu den unzähligen Nebenfiguren bereit – denn wie bei «A game of thrones» kann es einem durchaus passieren, dass man die Übersicht verliert, wer nun wer ist. (Gerade auch, wenn man sich dem Hörbuch im Bett hingibt und sich aller Spannung zum Trotz vom Schlaf übermannen lässt.)

Mit meiner Begeisterung habe ich die Liebste angesteckt, die das deutsche Hörbuch hört. Gelesen von David Nathan, kann man es ebenfalls guten Gewissens empfehlen. Dennoch – wenn es die Sprachkenntnisse zulassen, sollte man dem englischen Original den Vorzug geben, weil die Ausdrucksweise von Tom Cullen, Ralph Brentner oder Stu Redman sich in Deutsch einfach nicht so richtig abbilden lässt…

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