Goldene Cinch-Stecker billig abzugeben

Das System A7 von Bowers & Wilkins im Test: Der gute Klang und die vielseitigen Ansteuerungsmöglichkeiten sind Pluspunkte, doch ganz an den Sound einer ausgewachsenen Stereoanlage reicht dessen Akustik nicht heran.

Die Stereoanlage ist ein Relikt der dunklen vordigitalen Periode, das habe ich früher schon festgestellt. Heute soll die Musikanlage einen Raum nicht dominieren, sondern dezent in den Hintergrund treten und allenfalls als dekoratives Element zu sehen sein, aber nicht als eine Art Musikaltar. Und Kabelsalat will man schon gar keinen haben.

Da passt die Soundsysteme von Bowers & Wilkins ins Bild. Die kann man zur Not auch als dekorativen Untersatz für einen Blumentopf verwenden, und sie brauchen nur mit Strom versorgt zu werden. Lautsprecherkabel braucht man nicht und die viel beschworenen goldenen Cinch-Stecker schon grad gar nicht, denn die Systeme werden drahtlos angesteuert – Airplay heisst die Magie, die das möglich macht.

Über die Setup-App wird der WLAN-Zugang eingerichtet.

Das System A7 von Bowers & Wilkins ist mir als Testgerät zugegangen. Über das Design kann man geteilter Meinung sein. Die Bezeichnungen Kühlbox und übergrosse Schminkdose sind mir zu Ohren gekommen. Meines Erachtens hat B&W aus der Not eine Tugend gemacht, zumal Lautsprecher nun einmal die Eigenschaft haben, gross und klobig zu sein.

Wie das WLAN-Passwort in den Lautsprecher kommt

Ich war gespannt darauf, wie man das System ans WLAN bringt. Ein Display oder eine Eingabemöglichkeit gibt es nämlich nicht und die Fernbedienung ist ebensowenig für alphanumerische Handstände ausgelegt. Man verwendet die AirPlay Setup-App. Mit ihr baut man ein Ad-Hoc-WLAN-Netz zum Soundsystem ab. Die App nimmt dann einen Namen fürs System und die Zugangsdaten zum WLAN entgegen und schickt sie an die Box. Danach kann sich diese bereits ins Heimnetz einklinken und steht den Airplay-fähigen Geräten als Wiedergabeoption zur Verfügung. Verwenden kann man iOS-Geräte, Macs mit OS X Mountain Lion und Windows-PCs mit iTunes 10.2.2 oder neuer.

Das Einrichten verläuft – wenn man es, anders als ich vermeidet, sich beim Passwort fürs WLAN zu vertippen –, unkompliziert. Bevor man in seiner App oder in iTunes dann auf das Airplay-Symbol tippt, sollte man unbedingt die Lautstärke zurückschrauben. Denn falls man – wie ich – die Lautstärke voll offen hat, dröhnt die Box so laut los, dass in den benachbarten Büros die Kollegen zusammenzucken und hernach mit bleichem Gesicht mit der Frage auf den zitternden Lippen hereinschauen, ob alles in Ordnung sei. Kein Wunder, bei aufgedrehtem Volume wird mit 100 Watt losgedröhnt, und das ist mehr Wumm, als man es sich vom typischen iPhone-Audiodock gewöhnt ist.

Viele Nuancen, wenig Stereo

Die Soundqualität wird in den Besprechungen durchs Band gelobt und soweit meine laienhaften Ohren zu einem Urteil berechtigt sind, kann ich dem zustimmen. Ein ausgewogenes Klangbild, satte, aber nicht aufdringliche Bässe, klare Höhen und differenzierte Nuancen, die das Verdienst des 96kHz/24bit-DAC sein dürften, lassen nicht nur Musik, sondern auch (sorgfältig produzierte) Podcasts gut klingen. Was man bemängeln könnte, wäre, dass man bei der Integration in eine einzige Box kein ausgeprägtes Stereobild erhält.

Die Box gibt zwar getrennte Kanäle wieder, aber weil die Lautsprecher nah beieinander stehen, muss man den Kopf direkt vor die Box halten, damit man davon etwas mitbekommt. Dieser Kompromiss ist unvermeidlich bei einem System, das der Einfachheit halber nur eine Lautsprecherbox verwendet, und da man auch bei der klassischen Stereoanlage nur in der Mitte des Raums zwischen den Boxen einen guten stereofonen Klangeindruck hat, ist das fast egal. Es soll auch möglich sein, zwei Geräte zu koppeln – das wäre dann aber wieder ein Fall für die Gold-Cinch-Fraktion…

Es lassen sich auch mehrere Boxen separat und parallel bespielen.

Fazit: Man kann sich fragen, ob man sich mit einer reinen Airplay-Anlage zu sehr einschränkt. Es wäre begrüssenswert, würde die Box auch DLNA beherrschen. Immerhin: Man kann die Box auch per Ethernet, per USB und per Stereoklinke ansteuern, wobei der Kabelfreiheit mit ihren Reizen natürlich flöten geht. Trotz alledem: Ein gelungenes System, das mit 899 Franken seinen Preis hat. Der kleine Bruder des A7 ist der A5. Er bietet 48 Watt Musikleistung und ist ab 599 Franken zu haben.

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